Arbeit, Alter, Gesundheit und Erwerbsteilhabe
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er1 · H.M. Hasselhorn2 1 Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie, Universität Ulm 2 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
Arbeit, Alter, Gesundheit und Erwerbsteilhabe Ein Modell
In den zurückliegenden Jahrzehnten haben Disziplinen wie die Arbeitsepidemiologie, Medizinsoziologie und Arbeitsmedizin das Themenfeld „Arbeit und Gesundheit“ immer ausführlicher wissenschaftlich beschrieben, Zusammenhänge zwischen Erwerbsarbeit und Gesundheit wurden umfassend untersucht und belegt. Hauptzielgröße war dabei meistens die Gesundheit der Beschäftigten. Wir stellen im vorliegenden Beitrag die Frage, ob diese Fokussierung angesichts des demografischen Wandels noch ausreicht. Der demografische Wandel hat in Deutschland nun auch die Arbeitswelt erfasst: Seit 2007 steigt die Zahl der älteren sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (50+ Jahre) jährlich um gut 300.000 Personen an [1]. Betriebliche und staatliche Initiativen nehmen sich des Themas Demografie an, und Konzepte wie „Arbeitsfähigkeit“, „Erwerbsfähigkeit“ und „Erwerbsteilhabe“ gewinnen an betrieblicher, politischer und letztlich auch gesellschaftlicher Bedeutung [2]. In politischen Initiativen wird als Lösungsstrategie für die Sicherung eines ausreichenden Erwerbspotenzials mehrheitlich die Gesundheit der älteren Erwerbsbevölkerung als zentraler Faktor gewertet. Allerdings schätzt in Deutschland bereits ein Drittel der Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 64 Jahren ihre Gesundheit als „mäßig“ bis „sehr schlecht“ ein, gleichzeitig bewertet die Hälfte der gleichaltrigen Nicht-Erwerbstätigen ihre Gesundheit als „gut“ bis „sehr gut“ [3]. Dies wirft die Frage auf, ob Gesundheit noch ein ausreichender Garant für Erwerbsteilhabe ist. Warum sind Ers-
tere noch erwerbstätig und warum Letztere nicht mehr? Treffen die Prämissen, die die Forschung zum Thema „Arbeitswelt“ bestimmen, noch zu? Ist „Gesundheit“ noch die relevante Größe oder nur einer von mehreren Faktoren im Wechselspiel zwischen Arbeit und Chancen der Erwerbsteilhabe? Hierzu stellen wir im Folgenden ein multidisziplinär orientiertes theoretisches Denkmodell vor. Ein theoretisches Modell verkürzt komplexe reale Sachverhalte auf wesentliche Aspekte und Zusammenhänge. Ziel der Modellierung kann sein, den Fokus der Aufmerksamkeit, der Bewertung und des Handelns zu lenken. An dieser Stelle möchten wir ein Modell zum Zusammenwirken von Arbeit und Erwerbsteilhabe vorstellen, das zentrale Komponenten der bisherigen Forschung aufgreift (Arbeit, sozioökonomischer Status, Gesundheit) und diese um die Konzepte Arbeitsfähigkeit, Motivation und Erwerbsteilhabe erweitert. Vor dem Hintergrund der demografisch bedingten Alterung der Erwerbsbevölkerung sind unsere Ziele, Folgendes anzuregen: 1. den Fokus der Arbeitsforschung auszuweiten in Richtung Erwerbsteilhabe, was die Konstrukte „Arbeitsfähigkeit“ und „Arbeitsmotivation“ einschließt, 2. „Gesundheit“ als Zwischengröße, aber nicht notwendigerweise als entscheidende Größe zu betrachten und 3. die hierbei ebenfalls zentralen Zusammenhänge zwischen
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