Darmmikrobiom und Anorexia nervosa

  • PDF / 569,048 Bytes
  • 7 Pages / 595 x 792 pts Page_size
  • 29 Downloads / 205 Views

DOWNLOAD

REPORT


J. Seitz1 · L. Keller1 · S. Trinh2 · B. Herpertz-Dahlmann1 1

Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland 2 Institut für Neuroanatomie, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland

Darmmikrobiom und Anorexia nervosa Der Zusammenhang von Mikrobiom und Darm-Gehirn-Interaktion im Kontext der Anorexia nervosa Hintergrund Anorexia nervosa (AN) ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Jugendalter, mit einer Lebenszeitprävalenz von 1–4 % bei 12- bis 18-jährigen Mädchen in Europa [17]. Nach einer relativ kurzen Zeitspanne, in der die Chancen für die Behandlung der AN gut sind, führt das andauernde Hungern zu neuronalen und anderen Veränderungen in Form eines sich selbst erhaltenden Prozesses. Aus diesem Grund ist das Risiko einer Chronifizierung bei AN sehr hoch und sie weist im Vergleich zu allen anderen psychischen Störungen die höchste Mortalität auf [19]. Bislang gibt es keinen guten Prädiktor oder Biomarker, mithilfe dessen sich der Verlauf und Ausgang der AN in einem frühen Stadium der Krankheit vorhersagen lässt. Dies wäre jedoch wichtig, um frühzeitig die Behandlung auf den individuellen Patienten abzustimmen und bspw. bei einer ungünstigen Prognose rasch angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Häufig kommt hinzu, dass hungerbedingte somatische Begleiterscheinungen in Form von z. B. endokrinen Dysfunktionen oder Osteoporose ebenso wie psychische Komorbiditäten (insbesondere Depressionen oder Ängste) einen günstigen Verlauf der Erkrankung zusätzlich erschweren. Die Autoren J. Seitz und L. Keller haben zu gleichen Teilen zum Manuskript beigetragen.

Derzeit ist ein multimodaler Therapieansatz mit Gewichtsrehabilitation und Psychotherapie der Goldstandard in der Behandlung der AN, jedoch genesen weniger als 50 % aller Patienten vollständig [46] und es ist weiterhin wenig über die auslösendenund aufrechterhaltenden Faktoren der Erkrankung bekannt. Die Prognose im Jugendalter ist etwas günstiger. Zu einer Klärung der zugrunde liegenden Pathophysiologie könnte u. a. die Erforschung der Darm-Gehirn-Interaktion beitragen, denn in den letzten Jahren liefern immer mehr Studien Hinweise darauf, dass lange Perioden des Hungerns im Rahmen der AN mit tiefgreifenden Veränderungen des Darmmikrobioms einhergeht [22, 24, 33]. Dabei scheint das Mikrobiom nicht nur einen direkten Einfluss auf das Gehirn und das Verhalten („Darm-Hirn-Achse“) zu nehmen, sondern ebenso an der Regulierung des Körpergewichts sowie an hormonellen, immunologischen und Entzündungsprozessen beteiligt zu sein [34]. Da es wenige andere psychische Erkrankungen gibt, bei denen sowohl die Ernährung und ihre Modifikationen als auch psychopathologische Veränderungen eine so entscheidende Rolle spielen, könnte man die AN sogar als eine „beispielhafte“ Störung in Bezug auf die Untersuchung der Interaktion von Mikrobiom, Darm und Gehirn betrachten [41]. . Abb. 1 gibt einen Überblick über diese Prozesse bei der AN. Allerdings ist uns

bewusst, dass die AN ein sehr komplexes Krankheitsbi