Innovationserfolgsrechnungen bei der Bewertung pharmazeutischer FuE-Projekte

In den Führungskreisen wird die pharmazeutische Industrie als „Hochrisikobranche“ bezeichnet, da der Entwicklungsprozess eines Medikamentes sehr lang dauert und der Erfolg schwer abschätzbar ist. Beispiele aus der Praxis belegen dies. So wurde 2001 beim P

  • PDF / 2,090,935 Bytes
  • 50 Pages / 439.37 x 666.142 pts Page_size
  • 55 Downloads / 201 Views

DOWNLOAD

REPORT


Innovationserfolgsrechnungen bei der Bewertung pharmazeutischer FuE-Projekte Wilhelm Schmeisser

4.1 Grundlegende Aspekte In den Führungskreisen wird die pharmazeutische Industrie als „Hochrisikobranche“ bezeichnet, da der Entwicklungsprozess eines Medikamentes sehr lang dauert und der Erfolg schwer abschätzbar ist.1 Beispiele aus der Praxis belegen dies. So wurde 2001 beim Pharmaunternehmen Bayer das eigene Frühwarnsystem im Zusammenhang mit dem Medikament „Lipobay“ ignoriert. Nach dem Rückzug von „Lipobay“, des mit 100 Todesfällen in Verbindung gebrachten Cholesterinsenkers, verlor der Konzern an einem einzigen Tag EUR 5,6 Milliarden an Marktwert und wurde bislang in mehr als 14.000 Fällen verklagt.2 Dem hohen Risiko von Forschungs- und Entwicklungsprojekten stehen gleichzeitig große Chancen gegenüber. Im Fall der erfolgreichen Entwicklung und Vermarktung von Arzneimitteln können sich große Erfolgspotenziale ergeben. Das amerikanische Unternehmen Amgen setzte innerhalb von wenigen Jahren, mit nur zwei Medikamenten – „Epogen“ und „Neupogen“ –, mehr als EUR 3,5 Milliarden um.3 Demnach kann das Risiko als Gefahr einer Fehlentscheidung definiert werden, aufgrund dessen ein angestrebtes Ziel nicht erreicht wird. Ein pharmazeutisches Projekt birgt viele solcher Entscheidungspunkte. Auch bei der Entscheidung für oder gegen ein FuE-Projekt ist es unerlässlich, Risiken im Vorfeld zu ermitteln und in der Bewertung zu berücksichtigen. Es liegt daher nahe, zur Handhabung von Projekten Entscheidungsmodelle einzusetzen und sie als Instrumente zur Vermeidung von Gefahren, die den Unternehmenswert beeinflussen könnten, zu verwenden. Die Gesamtanalyse eines Unternehmensbereiches wie Forschung und Entwicklung setzt eine konsistente Betrachtung der Einzelprojekte voraus. Gleichzeitig bedarf die individuelle Betrachtung zunächst einer Bewertung des FuE-Projektes, zum einen, um dessen Stellenwert im Unternehmen herauszufinden, und zum anderen, um spezifische Risiken zu erkennen und angemessen beobachten zu können. 1

Vgl. Fischer, M. (2006), S. 1. Vgl. Geschäftsbericht Bayer AG (2004), S. 118, s. a. Bein, H.-W. (2002), http://www.cbgnetwork.org/952.html, Stand: 11.12.2006. 3 Vgl. Rudolf, M./Witt, P. (2002), S. 155. 2

W. Schmeisser, H. Mohnkopf, M. Hartmann, G. Metze (Hrsg.), Innovationserfolgsrechnung DOI: 10.1007/978-3-540-78249-0, © Springer 2008

69

70

W. Schmeisser

Es werden dafür betriebswirtschaftliche Modelle zur Beurteilung von Handlungsalternativen und deren Erfolge sowie die damit verbundenen Unsicherheiten bzw. die daraus resultierenden Risiken analysiert und bewertet.

4.2 Grundlagen der pharmazeutischen Industrie Die Arzneimittelforschung und -entwicklung hat in Deutschland eine langjährige Tradition. „Unternehmen wie Schering, Bayer, Boehringer Ingelheim, Merck, [. . . ] gehören zu den weltweit ältesten pharmazeutischen Unternehmen und leisten seit mehr als 100 Jahren einen gewichtigen Beitrag für eine wirksame und effiziente Gesundheitsversorgung.“4 Viele bis heute nicht therapierbare Krankheiten, eine steigende L