Rezension/Review

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REPORT


t dem zu besprechenden Band ein erfreulich klares Ziel: „Für eine Entkolonisierung und Entheroisierung der europäischen Entdeckungsgeschichte“ (Matthies : Titel des ersten Teils). Es geht ihm um das hochpolitische und bis in alltägliche Verhaltens- und Denkformen reichende Anliegen, die Wirkmächtigkeit des Kolonialismus und damit die „eurozentrische Verzerrung der Perspektive“ () auf die Welt und ihre Geschichte(n) zu hinterfragen. Dazu argumentiert er überzeugend die These, dass Entdeckungen „als ein ,gemeinsames Projekt‘ von Europäern und Indigenen betrachtet werden“ sollten – als Projekte, die Letztere maßgeblich, „manchmal sogar entscheidend“ () getragen haben. Er kritisiert zu Recht, dass diese Leistung „sowohl in der historischen Forschung und populärwissenschaftlichen Literatur als auch im öffentlichen Bewusstsein weithin unterbelichtet geblieben ist“ () und dass europäische Entdecker entsprechend meist als heroische Einzelkämpfer gegen eine feindselige Natur und Bevölkerung skizziert wurden und werden. Im ersten, „systematischen“ Teil der Studie untersucht Matthies verschiedene Leistungen der „Indigenen“ wie Reisetechniken, Sprach- und Übersetzungsfähigkeiten, Ortskenntnisse etc. Der zweite Teil stellt einzelne indigene Begleiter dar, von der Aztekin Malinche über den ehemaligen Sklaven Sidi Mubarak Bombay bis hin zu den Punditen und dem Polynesier Tupia. Der Autor zeigt seine enorme Belesenheit, nicht zuletzt in der Literatur der er und er Jahre sowie zahlreichen publizierten Materialsammlungen. Damit kann er seine These mit zahlreichen, sehr detaillierten und gut beschriebenen Beispielen unterlegen und dürfte so seinem Ziel näherkommen, die „bislang eher ,unsichtbaren‘ oder ,versteckten‘ historischen Leistungen indigener Begleiter einer breiteren Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen und ins Bewusstsein zu rücken“ (). Die Leser*innen gewinnen – eine weitere Stärke des Buchs – viele Einblicke in den komplexen Alltag der Forschungsreisen und erfahren, wie unentbehrlich dabei die „indigenen Begleiter“ waren. Was bei der Betonung des

K

Rezensionen/Reviews

Volker Matthies 2018: Im Schatten der Entdecker. Indigene Begleiter europäischer Forschungsreisender. Berlin: Ch. Links Verlag, brosch., 246 S., zahlr. Abb., 28,00 €, ISBN: 978-3861539896.



Rezension/Review

Gemeinsamen allerdings zu wenig in den Blick gerät, sind die gewaltvollen Facetten dieser Unternehmen, selbst im eigenen Kapitel über „Das ,schwache‘ Geschlecht?“. Der Autor arbeitet sprachlich stark mit Metaphern des Sehens, schreibt von Perspektiven, Unsichtbarkeiten, von Schatten. Damit gelingt es ihm, lange Zeit dominierende Narrative bis in die wissenschaftliche Literatur hinein als Teil eurozentrischer Weltbilder darzustellen. Gleichzeitig wird an dem Text auch deutlich, wie schwierig es ist, diese eurozentrischen Positionen zu verlassen. Das liegt, wie Matthies herausarbeitet, zu einem großen Teil an „der schmalen Quellenbasis“ () der untersuchten Akteure und an der Strategie des Verschweigens: „Die meisten indigenen Begl

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