Die Post-hegemoniale USA?
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ie Post-hegemoniale USA? Christoph Scherrer
Zusammenfassung: Seit der Finanzkrise gelten die USA als post-hegemonial. Dies ist übertrieben und Folge unscharfer Bestimmungen von Hegemonie. Sicherten die USA im Fordismus kapitalistische Verhältnisse nach Außen militärisch und nach Innen mit Produktivitätspakten ab, so verfechten sie heute die neoliberale Stärkung der Rechte der Kapitaleigner mittels Globalisierung, Finanzialisierung und Militarisierung. Derzeit besteht eine verschränkte Hegemonie des US-Nationalstaats und der emergenten transnationalen Bourgeoisie. Schlüsselwörter: Hegemonie · Vereinigte Staaten von Amerika · Transnationale Bourgeoisie · Militärische Vormacht · Technologische Vormacht
The Post-hegemonic USA? Abstract: Many consider the U.S. as post-hegemonic nowadays. This is an exaggeration and results from an imprecise definition of hegemony. During Fordism the U.S. defended capitalist relations militarily abroad and with productivity pacts domestically. Today they pursue a neoliberal strategy of strengthening the rights of property holders via globalization, financialization and militarization. Thus, the current state of hegemony consists of a linkage between the U.S. state and an emerging transnational bourgeoisie. Keywords: Hegemony · United States of America · Transnational bourgeoisie · Military leadership · Technological leadership
Online publiziert: 08.11.2013 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Prof. Dr. C. Scherrer () Universität Kassel, Nora-Platiel-Str. 1, 34127 Kassel, Deutschland E-Mail: [email protected]
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C. Scherrer
1 Einleitung Die Wahrnehmung der weltpolitischen Stellung der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) unterlag in den letzten Jahrzehnten raschen Stimmungsumschwüngen. So schrieb der Kommentator Fareed Zakaria 2004 den USA „umfassende Unipolarität“ zu (zitiert in Marcus 2004), bereits vier Jahre später lamentierte er über die „postamerikanische Welt“ (Zakaria 2008). Angesichts des Zerfalls der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre, dem Wirtschaftsaufschwung unter Präsident Clinton und der raschen Zerschlagung des Taliban-Regimes in Afghanistan und des Bath-Regimes im Irak, konnte in der Tat der Eindruck entstehen, dass die USA allein die großen Linien der Weltpolitik vorgeben könnten. Nachdem nun die USA 2008 selbst von einer tiefgreifenden Finanzkrise erfasst wurden, der Aufbau Afghanistans und des Iraks als wirtschaftlich stabile und demokratische Gesellschaften als gescheitert angesehen werden muss, und Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien trotz Weltwirtschaftskrise ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum vorzuweisen haben, scheint die Macht der USA mächtig geschrumpft zu sein. Doch kann sich die Stellung einer Weltmacht, die über Jahrzehnte gereift ist, innerhalb weniger Jahre und ohne Weltkrieg, so schnell ändern? Plausibler erscheint mir das Argument eines der führenden Apologeten US-amerikanischer Macht, Robert Kagan, dass nämlich der Niedergang einer Großmacht das Resultat fundamentaler Veränderungen in der internationalen Verteilung unt
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