Funktionserkrankungen des Bewegungssystems

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REPORT


K. Niemer Schmerz- und Rückenzentrum, Westmecklenburg, Kliniken Helene von Bülow, Hagenow, Deutschland

Funktionserkrankungen des Bewegungssystems Versuch einer epidemiologischen Beschreibung

Erkrankungen des Bewegungssystems sind häufig. Die Mehrzahl der Patienten sucht aufgrund von Schmerzen einen Arzt auf. Die Diagnosefindung erfolgt anhand des ICD-10-Katalogs [1]. In diesem finden sich vorrangig Diagnosen, die den Schmerz (z. B. M54.5 Kreuzschmerz) oder die radiologischen Befunde (z. B. M47.8 Spondylose) beschreiben. Es besteht die Möglichkeit, Funktionsstörungen des Bewegungssystems in ICD-10-Codes zu verschlüsseln (M99.0–M99.99). Da diese Verschlüsselung jedoch keinerlei Konsequenz hat, wird sie i. d. R. vernachlässigt. Weiterhin beschreiben diese Diagnosen einzelne Befunde, jedoch nicht die Komplexität einer Funktionserkrankung [2]. Eine semantische und inhaltliche Verwirrung entsteht durch unterschiedliche Bedeutung von Begrifflichkeiten. So werden somatisch nichterklärbare körperliche Symptome in der Psychosomatik als funktionelle Störungen bezeichnet [3]. Ein weiteres Problem besteht in der Abgrenzung von Funktionserkrankungen zu anderen Störungen wie pathomorphologisch definierten Erkrankungen, somatoformen Störungen oder der chronischen Schmerzkrankheit [4]. Jedoch lässt sich diskutieren, ob eine solche Abgrenzung sinnvoll ist. Eine Pathomorphologie (z. B. Koxarthrose) kann durchaus auch als Teil einer Funktionserkrankung definiert werden. Komplexe chronische Schmerzerkrankungen mit funktionellen und psychosozialen Befunden sowie neurophysiologischen Veränderungen der Nozizeption und Schmerzverarbeitung sind im engeren Sinne Funktionserkrankungen und werden evidenz-

basiert als solche behandelt („functional restoration“; [5–8]). Psychische Erkrankungen, inklusive der sekundären Funktionsstörungen des Bewegungssystems und vegetativen Nervensystems, können ebenso als Funktionserkrankungen definiert werden. Zudem ist aktuell der Begriff „Funktionserkrankung“ eher als Überschrift ohne die Benennung von Krankheitsentitäten zu verstehen. Somit ist eine Quantifizierung nahezu unmöglich. Da bisher keine entsprechenden Daten unter dem Gesichtspunkt der Funktion erhoben werden, ist eine epidemiologische Beschreibung von Funktionserkrankungen schwierig. Somit kann nur indirekt auf Grundlage der obigen Darstelllungen und vorhandenen Daten ein Versuch unternommen werden, anhand des Beispiels Rückenschmerzen die Epidemiologie von Funktionserkrankungen darzustellen.

Epidemiologie von Rückenschmerzen als Beispiel einer Funktionserkrankung des Bewegungssystems Rückenschmerzenwerdenals Schmerzen zwischen Okziput und oberer Gesäßfalte definiert und in spezifische und nichtspezifische Schmerzen klassifiziert. Ausgangspunkt dieser Klassifikation waren Studien, die zeigten, dass nur eine Minderheit von Rückenschmerzen pathomorphologisch definierten Erkrankungen zuzuordnen ist (. Tab. 1; [9]). Inwiefern diese als spezifisch bezeichneten Schmerzen wirklich auf die darge-

stellten pathomorphologischen Befunde zurückzuführen sind, ist zu hint