Renaissance der Markteingriffe?

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REPORT


Renaissance der Markteingriffe? Henning Klodt

Online publiziert: 17. November 2020 © List-Gesellschaft e.V. 2020

Der Wirtschaftspolitische Ausschuss des Vereins für Socialpolitik hatte sich für seine Jahrestagung 2020 ein Generalthema gewählt, das seit Covid-19 eher noch an Bedeutung gewonnen hat – die staatlichen Markteingriffe. Bei der Konzeption der Tagung war das Thema noch mit einem Fragezeichen versehen worden, doch in den einzelnen Beiträgen wurde deutlich, dass es in den im Einzelnen diskutierten Bereichen zumeist entfallen kann. Sowohl in den Vorträgen als auch in den Diskussionen dazu wurde allerdings deutlich, dass per se kaum beurteilt werden kann, ob mehr Staatseingriffe gesellschaftlich vorteilhaft oder nachteilhaft sind. Oftmals steckt der Teufel im Detail, d. h. es kommt weniger auf das ob und mehr auf das wie an. Eine Kernfrage dazu, die Ökonomen seit Jahrhunderten umtreibt, stellen Motivation und Rechtfertigung staatlicher Eingriffe in die Einkommensverteilung dar. Hagen Krämer verfolgt die Spuren dieser Diskussion sogar bis in die Antike zurück. Er plädiert dafür, das übliche Schema von Primär- und Sekundärverteilung zu erweitern um Aspekte, die die Entstehung der Primäreinkommen selbst beeinflussen. Dazu unterscheidet er zwischen pre-production (Ressourcenausstattung), production (u. a. technischer Wandel) und post-production (Umverteilung im engeren Sinne). Er plädiert für einen umfassenden Ansatz in der Verteilungspolitik, der insbesondere die Produktionssphäre nicht ausklammern sollte, da auf dieser Ebene oftmals irreversible Verteilungseffekte entstehen. Zugleich weist er aber darauf hin, dass ein allgemeiner Konsens darüber, wie eine faire Verteilung konkret aussehen sollte, nie erreichbar sein wird. In diesem Heft wird berichtet über die Jahrestagung 2020 des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Vereins für Socialpolitik, die vom 3. bis 5. März 2020 an der Freien Universität Berlin stattfand. Ein besonderer Dank gilt Christian von Hirschhausen, der für die organisatorische Vorbereitung und Durchführung der Tagung verantwortlich war. H. Klodt () Kiel, Deutschland E-Mail: [email protected]

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Die Frage, welche Art von Markteingriffen adäquat ist, stellt sich zurzeit gerade im Bereich der Wettbewerbspolitik auf neue Weise. Die digitale Wirtschaft wird zunehmend von internationalen Monopolen dominiert, die den Marktwettbewerb durch Praktiken gefährden, die der herkömmlichen Wettbewerbspolitik nur schwer zugänglich sind. Oliver Budzinski ging in seinem Vortrag insbesondere der Frage nach, wie die im Rahmen der 10. GWB-Novelle vorgesehene Ausweitung der Missbrauchsaufsicht in der Digitalwirtschaft aus Sicht der modernen Wirtschaftstheorie zu beurteilen ist. Er plädiert dafür, anstatt der Ex-post-Verhaltenskontrolle der Missbrauchsaufsicht besser die Ex-ante-Strukturkontrolle zu schärfen, indem bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Zusammenschlussvorhaben im Bereich der Digitalwirtschaft stärker auf marktübergreifende Aspekte geschaut wird. Markteingriffe scheinen