Renaissance-Nasen: War es Tizian oder war es Botticelli?

  • PDF / 861,696 Bytes
  • 3 Pages / 595.276 x 790.866 pts Page_size
  • 73 Downloads / 210 Views

DOWNLOAD

REPORT


Die Nase in der Kunst – Teil 11

Renaissance-Nasen: War es Tizian oder war es Botticelli? Im 11. Teil dieser Serie widmen wir uns einigen Malern der italienischen Renaissance wie Tizian oder Botticelli. Sie folgten in ihren Werken nicht mehr ausschließlich allgemeinen Standards, sondern schufen ­Gesichter und Nasen, die ihrem individuellen Schönheitsideal entsprachen.

T

izian (1488–1576) gilt als der führende Vertreter der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts und als einer der Protagonisten der italienischen Hochrenaissance. Der von ihm

entwickelte Frauentypus zieht sich durch sein gesamtes Werk. Exemplarisch spiegelt sich dies in dem Portrait „Judith mit dem Kopf des Holofernes“ von 1515 (Abb. 1), einem seiner ersten

Abb. 1: Tizian: „Judith mit dem Kopf des Holofernes“, 1515 (Galeria Doria, Rom)

Abb. 3: Tizian: „Portrait eines ­jungen Mannes mit roter Mütze“, 1510 (Frick Collection, New York)

72

Gemälde, und der Venus von Urbino von 1583 (Abb. 2) wider. Beide Frauendarstellungen haben ein spitzovales Gesicht sowie eine gerade Nase, die denen griechischer Göttinnen gleicht. Das Gesicht ist ebenmäßig und auf Vollkommenheit hin konstruiert. Auch die frühen Männerbildnisse von Tizian weisen einen ähnlichen Charakter auf, wie das Portrait eines Mannes mit roter Mütze von 1510 (Abb. 3) sowie das Bildnis eines jungen Mannes um 1520

Abb. 2: Tizian: „Venus von Urbino“, um 1583 (Uffizien, Florenz)

Abb. 4: Tizian: „Bildnis eines ­jungen Mannes“, um 1520 (Alte ­Pinakothek, ­München)

HNO-NACHRICHTEN  2020; 50 (5)

Abb. 6: Antonello da Messina: „Ritratto T­ rivulzio“, 1476 (Palazzo Madama, Turin)

Abb. 5: Tizian: „Bildnis des Pietro Aretino“, 1545 (Piazzo Pitti, Florenz)

(Abb. 4) zeigen. In den späteren Jahren ändert sich seine Darstellungsweise allerdings: Tizian geht in seinen Männerportraits zunehmend direkter auf die Personen ein und zeigt sie individualisierter. Ein Beispiel dafür ist das Bildnis des Pietro Aretino von 1545 (Abb. 5), der durch seinen Gesichtsausdruck und die Farbe seines Gewandes imposanter wirkt. Antonello da Messina (1429–1479) ist ebenfalls für seine Männerportraits bekannt. In den unterschiedlichen Darstellungen der Portraitierten lässt sich dennoch ein Duktus erkennen, der für seine Malerei charakteristisch ist. Dies wird insbesondere durch die Dreiteilung der Gesichter deutlich: Mundpartie, HNO-NACHRICHTEN  2020; 50 (5)

Nase, Stirn und Haartracht sind jeweils unterschiedlich, seine „Handschrift“ ist dennoch immer wieder zu erkennen. Typische Beispiele hierfür sind das Ritratto Trivulzio aus dem Jahr 1476 (Abb. 6) und das Bildnis eines jungen Mannes von 1475 (Abb. 7). Filippo Lippi, ein weiterer Renaissancemaler (1406–1469), legt in seinen Werken besonderen Wert auf eine ausbalancierte Beleuchtung der Gesichter. Die Nasen haben immer eine ausgewogene Form, sind gerade und zur Spitze hin leicht konkav. Die Nasenspitzen zeigen seitlich immer eine auffällige, wenn auch nur dezente Verbreiterung (Abb. 8 und Abb. 9).

Abb. 7: Antonello da Messina: „Bildnis ­eines jungen Mannes“, 1475