Reproduktionsmedizin, eine gesellschaftliche Aufgabe
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n Scharl1,3 · Nicole Sänger2 1
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum St. Marien, Amberg, Deutschland Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland 3 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kliniken Nordoberpfalz AG – Klinikum Weiden, Weiden in der Oberpfalz, Deutschland 2
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Reproduktionsmedizin, eine gesellschaftliche Aufgabe Ihr Frauen mit Kindern könnt nicht an uns denken, an uns Kinderlose. Ihr bleibt frisch, unwissend, so wie der, der im Süßwasser schwimmt, nicht weiß, was Durst ist. (Federico García Lorcas, „Yerma“) Obiges Zitat beschreibt die ganze Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, welche ungewollte Kinderlosigkeit über Jahrtausende bis in die 1970er-Jahre auslöste. Bücher über das Elend der Sterilität füllen ganze Bücherwände. Viele Märchen beginnen so – oder ähnlich – wie das Märchen „Dornröschen“ der Brüder Grimm: „Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag: Ach, wenn wir doch ein Kind hätten! und kriegten immer keins.“ Über Jahrtausende sollten Wallfahrten, Gebetssprüche und Kräutermixturen Abhilfe schaffen. Erst seit 40 Jahren können ungewollt kinderlose Paare auf naturwissenschaftlicher Basis Hoffnung schöpfen. Dem Gynäkologen Patrick Steptoe gelang zusammen mit dem Physiologen Robert Edwards die Verlagerung des Zeugungsvorgangs aus dem Mutterleib in das Reagenzglas. Das erste so gezeugte Kind, Louise Joy Brown, hat das 40. Lebensjahr überschrittenund istselbstMutterzweierKinder. Nur der Blick in die Vergangenheit lässt uns den unermesslichen Segen erkennen, den die Reproduktionsmedizin für viele Paare darstellt. Klaus Diedrich lässt die rasante Entwicklung Revue passieren und richtet den Blick auf künftige Anforderungen und Aufgaben. Eine höchst erfolgreiche Geschichte und längst Alltag in der Medizin, warum
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Der Gynäkologe 9 · 2020
widmen wir diesem Thema dann einen Kongressband von Der Gynäkologe? Neben Gynäkologie und Onkologie, Geburtshilfe und Perinatalmedizin ist die Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin die dritte Säule und Thema eines Weiterbildungsschwerpunkts unseres Fachs. Und dennoch führt sie gefühlt eher eine Existenz am Rande, zumindest aus Sicht eines Klinikers. Sie ist zu einem ambulanten Fach geworden. Das ist nicht per se etwas Schlechtes. Aber es schafft eine schwierige Situation für Forschung und Weiterbildung, wenn das Gebiet nicht mehr an jeder Universitätsklinik vertreten ist. Die Gesetzeslage in Deutschland tut ein Übriges. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina mahnt dringend eine zeitgemäße Gesetzgebung für die Fortpflanzungsmedizin an. Nach ihrer Einschätzung zwingt die heute geltende, 30 Jahre alte Gesetzeslage (Embryonenschutzgesetz [ESchG] von 1990) die Ärzte nicht selten zu einer dem heutigen internationalen medizinischen Stand nicht mehr angemessenen Behandlung und führt zu unnötigen Risiken für Mutter und Kind. Mit anderen Worten, Deutschland wird auf diesem Gebiet abgehäng
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