Vier Fragen der Redaktion zur DSGVO an Peter Mertens

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REPORT


DSGVO DISKUSSION

Vier Fragen der Redaktion zur DSGVO an Peter Mertens Peter Mertens1 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020

1. In der Presse liest man unterschiedlichste Urteile über die DSGVO, von „Bürokratiemonster, das unsere Wirtschaft zum Stillstand bringt“, bis „endlich eine kraftvolle gesetzgeberische Entscheidung aller Europäer in einer Grundfrage des 21. Jahrhunderts“. Was ist Ihre grundsätzliche Haltung zur DSGVO? Ich betrachte sie im Gesamtzusammenhang der Richtlinien, Verordnungen, Gesetze und politischen Entscheidungen der EU-Institutionen. So gesehen scheinen mir die Nachteile zu überwiegen. Die Mängel aus der Sicht des Juristen legt Herr Roßnagel sehr überzeugend dar. Aus dem Blickwinkel des Wirtschaftsinformatikers stören mich: Die DSGVO trifft zeitlich zusammen mit anderen Regeln aus Europa, zum Beispiel der Zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie (EUPSD2), der EU-Urheberrechtsreform, dem Privacy Shield, der EU-Datenbank-Richtlinie, der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II, der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, der Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Finanzprodukte (RRIIP), der A1-Bescheinigung bei Entsenden von Arbeitnehmern ins Ausland oder dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur sehr detaillierten Erfassung der Arbeitszeit. Dies führt je nach Branche zu Spitzenbelastungen bei Freiberuflern, jungen Unternehmern, Geschäftsleitungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Vorständen von Großunternehmen und Konzernen. Teilweise konterkarieren die Aufwendungen für den Datenschutz – wie vor allem durch Start-up-Unternehmer beklagt – die Bemühungen der nationalen Wirtschaftsministerien, Unternehmensgründern Bedingungen zu bieten, die es ihnen erlauben, sich mit voller Kraft auf ihre ersten Produkte und Kunden zu konzentrieren. Auch mögen  Peter Mertens

Konflikte auftreten, wenn bei KMU Pflichtmeldungen an Statistikbehörden Rückschlüsse auf persönliche Daten erlauben. Großunternehmen und Konzerne können mit einem Aufwand, der bezogen auf ihre Umsätze und Gewinne relativ gering ist, in ihrer Hauptverwaltung eine auf die DSGVO bezogene Stabsstelle einrichten, KMU nicht. Die Auslagerung von mit der DSGVO verbundenen Gestaltungs- und Kontrollfunktionen auf externe Berater ist für KMU wegen der marktbedingten Stundenhonorare von mehreren Hundert Euro keine leichte Entscheidung. Analoges gilt für die Strafen bei Verstößen. ALPHABET wird voraussichtlich für 2019 40 Mrd. C Gewinn bei 160 Mrd. C Umsatz ausweisen. Träfe den Konzern die Höchststrafe von 4 % des Umsatzes, so würde der Gewinn auf 34 Mrd. C zurückgehen, die Umsatzrentabilität von 25 % auf 21 %. Ein typischer Wert für die Umsatzrentabilität von KMU liegt bei 5 %. Die Höchststrafe würde also 80 % des Jahresgewinns verzehren, mit entsprechenden Folgen für die Investitionskraft, die Inhaber und am Ende die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. So trägt die DSGVO zu einem weiteren Vorteil großer Unternehmen gegenüber KMU bei, was gerade aus Sicht der besonders mittelständisch geprägten deutschen Vo