Anmerkungen zum Diskurs um Hans Asperger aus Sicht des Kinderpsychiaters
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Kinderheilkunde Hans Asperger und die Heilpädagogik Monatsschr Kinderheilkd 2020 · 168 (Suppl 3):S227–S232 https://doi.org/10.1007/s00112-020-00953-5 Online publiziert: 3. September 2020 © Der/die Autor(en) 2020
Das vorliegende Sonderheft, zu dessen Kommentierung – einschließlich eines Versuchs der Kontextualisierung der Heilpädagogik zwischen etwa 1975 und 1985 aus dem Blickwinkel des Kinderpsychiaters – ich aufgefordert bin, beleuchtet Hans Asperger, sein Wirken und seine Person aus unterschiedlichen Perspektiven.
Zeitzeugenabschnitt Ich stelle meinem Beitrag einen Zeitzeugenabschnitt voran. An meine erste Begegnung mit Hans Asperger (1951, ich war damals fünf Jahre alt) habe ich keine persönliche Erinnerung: meine Kinderärztin, Dr. Olga Kurz, die nach ihrer Rückkehr aus der (NS-bedingten) Emigration nach England wieder in Wien tätig war, hat ein Gutachten Aspergers, der anerkannten Autorität für kindliche Entwicklung, für meinen vorzeitigen Schuleintritt für nützlich gehalten. Aspergers Vorlesung „Kinderheilkunde“, die ich während meines Medizinstudiums im Sommersemester 1967 besucht habe, hat keinen prägenden Eindruck hinterlassen, ungeachtet meines Interesses an der Kinderheilkunde, das mich fünf Jahre später veranlasste, einen – nie beantworteten – Bewerbungsbrief an Asperger, dessen Tochter Maria ich als Studienkollegin kannte, zu schreiben. 1975 – ich war mittlerweile seit zwei Jahren Assistent an der neu gegründeten Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes und Jugendalters (Vorstand: Walter Spiel) – entstand im neu errichteten Allgemeinen Krankenhaus
Ernst Berger Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (MUW), Wien, Österreich
Anmerkungen zum Diskurs um Hans Asperger aus Sicht des Kinderpsychiaters eine räumliche Nachbarschaft zwischen Heilpädagogik und Kinderpsychiatrie: Die heilpädagogische Station unter der Leitung von OA Dr. Kuszen (in der Nachfolge Aspergers) war im Erdgeschoß des Neubaus angesiedelt, die beiden kinderpsychiatrischen Stationen im ersten und zweiten Stock. Dementsprechend haben mich meine Arbeitswege im Haus (ich leitete ab 1975 die Station im ersten Stock) mehrmals täglich an der stets sorgsam verschlossenen Eingangstüre der Heilpädagogischen Station (Vgl. Zeitzeugenbericht von O. Jürgenssen in diesem Heft) vorbeigeführt. Im Kontext der beginnenden Diskussion zur Psychiatriereform (3 zentrale Publikationen waren wenige Jahre davor auf Deutsch erschienen: Foucault [10], Basaglia [4] und Goffman [11]) war das Thema der Stationstüre auch an unserer Klinik ein immer wieder diskutiertes Thema. Im ersten und zweiten Stock desselben Hauses waren die Türen (fast) immer offen. Dieser Umstand beleuchtet zentrale Unterschiede in der Haltung und Ideologie: eine restriktive, traditionsgebundene Heilpädagogik auf der einen Seite, eine sozialpsychiatrisch orientierte Kinderpsychiatrie auf der anderen Seite. Die Unterschiede in der Besuchsregelung weisen in dieselbe Richtung: streng und restriktiv geregelt (Besuchsverbot lt. Beitrag Tatzer) an der Heilpädagogischen Station (wi
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