Das abdominelle Kompartmentsyndrom

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REPORT


nn, Augsburg C. Trautwein, Aachen

Historische Grundlagen Der Zusammenhang zwischen intraabdominellem Druck (IAP) und pulmonaler Funktion wurde erstmals im Jahr 1863 durch Marey et al. aufgezeigt. Die formal 1. Beschreibung fand das Syndrom im Jahr 1873, als Wendt et al. durch transrektale Messungen des IAP feststellten, dass mit steigendem IAP die Urinproduktion abnimmt. Damit war erstmals ein Zusammenhang zwischen erhöhtem IAP und Organdysfunktion hergestellt. Oderbrecht et al. wiesen im Jahr 1875 durch Blasendruckmessung einen normalerweise positiven IAP nach. Heinricius zeigte im Jahr 1890, dass IAP-Werte zwischen 27 und 46 cmH20 regelmäßig letale Folgen hatten [29]. Im Jahr 1911 erkannte Haven Emerson die negativen Konsequenzen des ­intraabdominellen Hochdrucks (IAH) auf das kardiovaskuläre System. Er stellte in 3 Thesen fest, dass F die Kontraktion des Zwerchfells hauptsächlich für den Anstieg des IAP verantwortlich ist, F Narkose und Muskelrelaxation den IAP senken, F bei sehr hohem IAP im Tiermodell der Tod durch kardiales Pumpversagen und nicht durch Asphyxie eintritt [14]. Es dauerte jedoch bis in das späte 20. Jahrhundert bis Kron et al. [19] in einer Fallserie von 11 Patienten mit postoperativem IAH und Anurie die dekompressive ­L aparotomie als lebensrettende ­Maßnahme zur abdominellen Drucksenkung erkannten. Der Begriff „abdominelles Kompartmentsyndrom (ACS)“

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J. Reibetanz · C.-T. Germer Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Zentrum operative Medizin, Würzburg

Das abdominelle Kompartmentsyndrom geht schließlich auf Robert Fietsam im Jahr 1989 zurück [15]. Seit ihrer Gründung im Jahr 2004 widmet sich die World ­Society for the Abdominal Compartment ­Syndrome (WSACS) der Förderung und Erforschung dieses Syndroms, mit dem Ziel, das Bewusstsein für diese Erkrankungsentität zu schärfen und die Letalität durch IAH und ACS zu senken.

Definition, Ätiologie und Klassifikation Die Abdominalhöhle kann als geschlossenes Kompartment mit sowohl rigider (Rippenbogen, Wirbelsäule, Becken) als auch beweglicher (Bauchdecke, Diaphragma) Wandbegrenzung aufgefasst werden. Die Elastizität der Bauchwand wie der Füllungszustand der Abdominalorgane (oder Abdominalhöhle im weitesten Sinne) bestimmen den Druck im abdominellen Kompartment, der bei kritisch Kranken normalerweise Werte von 5–7 mmHg nicht übersteigt.

Druckmessung Nach Definition der WSACS wird der IAP in mmHg angegeben. Seine ­Bestimmung erfolgt seriell mittels Blasendruckmessung endexpiratorisch in flacher ­Rückenlagerung (Referenznullpunkt: mittlere Axillarlinie) nach Instillation von 25 ml Natriumchlorid(NaCl)Lösung in die Blase (. Abb. 1). Die klinische Untersuchung durch Palpation oder die Umfangsmessung des Abdomens haben sich hingegen hinsichtlich der ­Beurteilung des IAP als äußerst inakkurat erwiesen [18, 22].

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013

Intraabdomineller Hochdruck Eine pathologische Erhöhung des IAP stellt ein Kontinuum dar, das von einem mäßigem IAP-Anstieg ohne na