Das Humboldt-Forum
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iert: 26. August 2020
Briefe aus Berlin
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Das Humboldt-Forum „Die ganze Welt“ in einem Berliner Museum
D
er Name der Familie Humboldt soll derzeit herhalten, um dem Nachbau des 1945 ausgebrannten Stadtschlosses seinen feudalen Beigeschmack zu nehmen. Kein Schloss mehr, keine Könige in Preußen mehr, kein Kaiser mehr und kein Säbelrasseln. Sondern eine „Blüte der Weltkulturen mitten in Berlin“, mit einem neuen Blick auf die Vielfalt dieser Welt. Eigentlich sollte diese neue weltoffene Bühne ihren Vorhang schon im September 2020 heben. Wer die lange und wechselhafte Geschichte dieses Großprojektes kennt, wird Verständnis für die Verschiebung haben. Ich möchte sie nacherzählen. Da ist einmal die Geschichte vom Nachbau des alten Schlosses. Dann die Neubestimmung seines Innenlebens als „Humboldt-Forum“ und der Einzug aller außereuropäischen Museen Berlins. Schließlich neue Konzepte der Präsentation und Interpretation ihrer Exponate in Annäherungen, Widersprüchen, in Vergleichen und Diskursen. Also keine Einzelmuseen mehr für die außereuropäischen Kontinente, sondern deren Präsentation als wundersame Zusammenschau von Annäherungen und Widersprüchen. Nicht mehr Preußen und Europa, sondern die ganze Welt in ihrer Differenziertheit, ihrer Widersprüchlichkeit, aber auch ihren historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen.
Als das Schloss noch ein Schloss war Das Stadtschloss war auf dem Baugrund von Vorläufern zwischen 1698 und 1713 von Andreas Schlüter im norddeutsch-protestantischen Barock mit 44.000 Quadratmetern Nutzfläche erbaut worden. Es diente den Hohenzollern (fränkische Linie) als Winterquartier und wurde im Laufe von zwei Jahrhunderten mit kleinen, nicht immer ästhetisch und aus heutiger Sicht nicht immer politisch korrekten Accessoires versehen. Im FebruC. Wolfgang Müller Berlin, Deutschland *1928, Dr., Dr. h.c.; war Professor für Sozialpädagogik an der TU Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Geschichte und Methoden Sozialer Arbeit. [email protected]
ar 1945 brannte es bei einem Flächenbombardement anglo-amerikanischer Verbände aus. Die Grundmauern blieben stehen und erlaubten nach Kriegsende bescheidene Ausstellungen und kommerzielle Nutzungen. Aber die vier alliierten Siegermächte liquidierten Preußen als Hort des deutschen Chauvinismus und Militarismus im Jahre 1947. Und Walter Ulbricht wollte in seiner antifaschistischen Hauptstadt kein Schloss mehr sehen. So wurden die noch intakten Schlossmauern 1950 gesprengt. 25 Jahre später wurde auf dem freigeräumten Gelände der „Palast der Republik“ errichtet. Als Versammlungsort für die Volkskammer und gleichzeitig für das gesellige Leben der Berliner, mit dem Marx-EngelsVorplatz für den Vorbeimarsch der neuen zivilgesellschaftlichen Eliten der DDR.
Was tun mit einem neuen Schloss, das kein Schloss mehr sein soll? Nachdem die 1990 in freien Wahlen gewählten Abgeordneten der Volkskammer mit Mehrheit den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland und ihrer D‑Mark beschlossen hatten, kam ein alter
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