Fomepizol, Ethanol oder Dialyse bei lebensbedrohlicher Ethylenglykolvergiftung?
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Intensivmedizin und Notfallmedizin
Übersichten Med Klin Intensivmed Notfmed https://doi.org/10.1007/s00063-020-00718-8 Eingegangen: 14. März 2020 Überarbeitet: 25. Mai 2020 Angenommen: 4. Juli 2020 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Redaktion M. Buerke, Siegen
Neben Urämie, Ketoazidose und Laktatazidose sind es Vergiftungen (Ethylenglykol, Acetylsalicylsäure, Methanol und Paracetamol), die typischerweise mit einer metabolischen Azidose mit Anionenlücke einhergehen. Auch zuzeiten des Euro hilft das Akronym GOLD-MARK, sich diese zu merken (. Infobox 1; [6]). Ethylenglykol ist ein zweiwertiger, süßlich schmeckender Alkohol, der u. a. Scheibenwaschwasser oder Kühlwasser als Frostschutz beigemischt wird. Ethylenglykol hat als Alkohol einen direkten Effekt auf das zentrale Nervensystem, gefährlich sind jedoch die Metaboliten, insbesondere Glykolat, aber auch Oxalat, zu denen Ethylenglykol durch die Alkoholdehydrogenase metabolisiert wird. Das Giftinformationszentrum Nord berichtete für 2018 insgesamt 21 Vergiftungsfälle mit Ethylenglykol [3]. Ethylenglykol hat ein Molekulargewicht von 62 Da und ist nicht proteingebunden. Daher ist es auch aufgrund des geringen Verteilungsvolumens von 0,64 l/kg gut durch Dialyse zu entfernen. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt 100 %. Ab 100 ml Ethylenglykol sind Todesfälle bei Erwachsenen beschrieben, wobei die Mortalität mit der Höhe des Blutspiegels [12] und der Schwere der metabolischen Azidose korreliert [2].
N. Drick1 · J. J. Schmidt2 · O. Wiesner1 · J. T. Kielstein3 1
Klinik für Pneumologie, Zentrum Innere Medizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 2 Klinik für Nephrologie, Zentrum Innere Medizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 3
Medizinische Klinik V, Nephrologie | Rheumatologie | Blutreinigungsverfahren, Städtisches Klinikum Braunschweig, Braunschweig, Deutschland
Fomepizol, Ethanol oder Dialyse bei lebensbedrohlicher Ethylenglykolvergiftung? die weitere klinische Untersuchung von Abdomen und Extremitäten ergab einen unauffälligen Befund.
Falldarstellung Anamnese Ein 60 Jahre alter türkischer Mann mit einem Körpergewicht von 65 kg nahm in suizidaler Absicht Frostschutzmittel zu sich. Nach Ingestion des Ethylenglykols war der Patient von einem Bekannten verwirrt und mit verminderter Vigilanz in seiner Wohnung liegend aufgefunden worden. Neben dem Patienten lag eine Flasche Frostschutzmittel (Aral Antifreeze, silikatfrei, 40 Vol.-% Ethylenglykol). Kurz zuvor hatte sich der Patient mit Unwohlsein selbstständig bei einem Schnellimbiss in seinem Haus gemeldet. Bei Eintreffen des Notarztes war der Patient vigilanzgemindert, aber erweckbar. Es erfolgte der umgehende Transport in die Klinik und die Aufnahme auf die Intensivstation.
Aufnahmebefund Bei Aufnahme hatte der Patient einen GCS(Glasgow Coma Scale)-Score von 9. Eine weiterführende Anamnese war nicht möglich. Hämodynamisch und respiratorisch zeigte sich der Patient stabil (Blutdruck: 131/65 mm Hg, Herzfrequenz: 47/min, periphere Sättigung unter Rauml
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