Ganzheit als Begegnung

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REPORT


omas Ots Akupunktur, TCM, Psychosomatik, Graz, Österreich

Ganzheit als Begegnung Wenn Menschen einen alternativen, komplementären oder integrativen Arzt – oder auch Heilpraktiker – aufsuchen, dann steckt dahinter die Erfahrung, dass der normalen, konventionellen Medizin etwas fehlt und die Patienten das, was sie suchen, dort nicht gefunden haben. Zu viele Patienten sehen sich einem medizinischen Betrieb gegenüber, erfahren sich nicht als Person, als Individuum wahrgenommen, nicht als Subjekt, sondern als Objekt [1]. Und auch, wenn das Ergebnis zufriedenstellend war, wenn sie durch die Medizin geheilt wurden, die Krankheit verschwunden war, bleibt doch meist ein Loch in der Patienten-Arzt-Beziehung bestehen.

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Subjekt, sondern als Objekt wahrgenommen Die einzelnen Klagepunkte unserer Patienten sind hinlänglich bekannt und deswegen an dieser Stelle zusammengefasst: Es gibt in der konventionellen Medizin kaum Zeit für ein Gespräch und damit keine Zeit für eine wirkliche Begegnung zwischen zwei Menschen: „Herr Doktor hat mir nicht einmal zugehört“ wird komplementiert durch „Ich konnte nicht mal erzählen, was mir auf dem Herzen lag.“ Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Beginn der gewünschten Begegnung im Erstgespräch. Und um Missverständnisse zu vermeiden: Er bezieht sich vorwiegend auf psychosoziale, psychosomatische, chronische Störungen, im Sinne der chinesischen Medizin auf „innere Störungen“. Eine äußere oder „Weder-au  Deutsche Zeitschrift für Akupunktur 2020 • 63 (3): 166–169 https://​doi.org/​10.1007/​s42212-​020-​00280-6 Online publiziert: 30. Juni 2020 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

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ßen-noch-innen“-Störung, wie ein Beinbruch oder eine Schulterluxation, oder ein akutes lebensgefährdendes Ereignis, wie ein thrombotischer Koronararterienverschluss mit Herzinfarkt, bedarf einer viel kürzeren Anamnese. Hier ist schnelles Handeln gefragt, ein Gespräch manchmal gar nicht möglich, da der Patient bewusstlos ist.

Einführendes Beispiel: Eine Patientin erzählt Bei mir sollte ein Herzkatheter durchgeführt werden. Ich wurde um 7.00 Uhr in die kardiologische Ambulanz bestellt. Ich kam um 10.00 Uhr dran. Ich hatte Glück: Ein mir bekannter Arzt erkannte mich, schaute auf den Operations(OP)-Plan und sagte mir, dass ich von ihrem besten Mann katheterisiert würde. Dann lag ich auf dem OP-Tisch. Eine OP-Schwester war sehr nett und sprach mit mir. Nach einer – gefühlt – langen Zeitspanne trat jemand in grüner OP-Kleidung und mit Maske an den OP-Tisch, machte irgendetwas an dem i.v.Zugang. Mein Gruß wurde nicht erwidert. Und dann sah ich, dass der Katheter auf dem Monitor bereits in meinem Herzen zu sehen war. Aha, das war also mein Operateur. Es ging wirklich sehr schnell. Der Katheter verschwand aus meinem Blickfeld, der Spezialist ebenfalls. Das Ergebnis konnte ich mir dann einige Tage voller Zweifel später bei meinem Arzt abholen. Zum Glück war alles in Ordnung. Ist unsere konventionelle (west