Intensivmedizinisches Back-up bei infektiologischen Katastrophen

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Intensivmedizin und Notfallmedizin

Leitthema Med Klin Intensivmed Notfmed https://doi.org/10.1007/s00063-020-00743-7 Eingegangen: 7. September 2020 Angenommen: 17. September 2020 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Redaktion A. Valentin, Schwarzach im Pongau

Wenn man von infektiologischen Katastrophen im Zusammenhang mit Intensivmedizin spricht, steht in der Regel nicht die zunehmende Bedrohung durch multiresistente Erreger im Fokus, an denen nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2050 bis zu 10 Mio. Patienten jährlich versterben werden [1]. Vielmehr sind (un)vorhersehbar auftretende Epidemien und Pandemien gemeint, die aufgrund ihres klinischen Verlaufs intensivmedizinische Ressourcen beanspruchen und auch durch mediale Aufmerksamkeit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen. Die Anfrage zum Schreiben dieses Übersichtsartikels erfolgte im Oktober 2019 durch Prof. Dr. Andreas Valentin. Wohl kaum einer hätte gedacht, dass das Thema so schnell durch die weltweite Pandemie mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 eine aktuelle Relevanz haben könnte. Nachfolgend werden einige „infektiologische Katastrophen“, die die Intensivmedizin in der Vergangenheit stark beanspruchten, dargestellt. Dabei soll auf Aspekte wie Übertragungsmodus, Impfund Expositionsprophylaxe, mögliche Behandlungsoptionen und das daraus resultierende Gefahrenpotenzial für die allgemeine Bevölkerung, das behandelnde Personal und die generelle Rolle der Intensivmedizin eingegangen werden.

Influenza Influenzaviren besitzen ein mehrfach segmentiertes negativ orientiertes RNAGenom. Die recht ungenau arbeitende

D. Wichmann1 · H. Matthews1 · M. F. Nentwich1 · S. Schmiedel2 · S. Kluge1 1 2

Klinik für Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland Sektion Infektiologie, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Intensivmedizinisches Back-up bei infektiologischen Katastrophen RNA-Polymerase verursacht kontinuierliche Mutationen des Genoms (Gendrift) und der segmentierte Genomaufbau begünstigt den Austausch von ganzen Gensegmenten (Genshift) auch zwischen Viren verschiedener Wirtsspezies und dadurch sprunghafte Veränderungen.

Die Influenza wird durch »Tröpfcheninfektion übertragen Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, wobei infizierte Patienten bereits einen Tag vor Auftreten von Symptomen infektiös sind, was die Unterbrechung der Infektionskette deutlich erschwert. In Abhängigkeit vom Hämagglutinin des Virus infizieren Influenzaviren die respiratorischen Epithelien des oberen oder unteren Respirationstrakts [2]. Neben der primär durch die Virusinfektion ausgelösten Immunantwort stellt die sekundäre Infektion durch Bakterien oder Schimmelpilze die wesentliche Gefahr für die Patienten dar. Therapeutisch stehen neben Neuraminidasehemmern auch Hemmer der Viruspolymerase zur Verfügung, wobei letztere in der Europäischen Union noch nicht zugelassen sind. Beide Wirkstoffklassen reduzieren die Krankheitsdauer nur