Kommt nach der Corona-Krise die Inflation?
- PDF / 171,742 Bytes
- 5 Pages / 595.276 x 785.197 pts Page_size
- 51 Downloads / 218 Views
DOI: 10.1007/s10273-020-2776-2
Peter Bofinger
Kommt nach der Corona-Krise die Inflation? „Die warnenden Stimmen werden lauter: Immer mehr Finanzexperten in aller Welt befürchten für die absehbare Zeit steigende Inflationsraten in den Industrie- und Schwellenländern.“ Das klingt aktuell, das Zitat stammt jedoch aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. Januar 2011. Wie schon nach der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 sind jetzt zunehmend Stimmen zu hören, die für die kommenden Jahre mit erheblichen Inflationsgefahren rechnen. Bei den umfangreichen fiskalpolitischen Maßnahmen zur Stützung der von der Corona-Pandemie stark beeinträchtigten Volkswirtschaften und den hoch dosierten Ankaufprogrammen der großen Notenbanken ist es nicht überraschend, dass sich viele Menschen Sorgen um die Stabilität des Geldes machen. Aber der Rückblick auf die Finanzkrise und auch auf die Eurokrise zeigt, dass sich die damals weitverbreiteten Inflationsszenarien als unzutreffend erwiesen haben. Bei dem noch vergleichsweise kurzen Erfahrungshorizont mit der Corona-Pandemie ist es nicht einfach, die davon möglicherweise ausgehenden inflationären Impulse angemessen zu beurteilen. Die folgenden Einschätzungen sind daher nur als eine grobe Orientierung anzusehen. Die bisherigen Erfahrungen Aus wirtschaftlicher Sicht handelt es sich bei der CoronaPandemie um einen gleichzeitigen Angebots- und Nachfrageschock. Auf der Angebotsseite stellte sich vor allem am Anfang das Problem unterbrochener globaler Lieferketten sowie einer mangelnden Verfügbarkeit von Arbeitskräften, da diese ihre Kinder betreuen mussten. Länger anhaltende negative Produktivitätseffekte gehen von den Hygienevorschriften aus, die das Einhalten von Abständen und eine laufende Desinfektion vorschreiben. Auf der Nachfrageseite bedeuten die Schließung von Restaurants und Hotels sowie das Verbot von Kongressen und Sportveranstaltungen einen drastischen Schock für Unternehmen und Selbstständige, die Dienstleistungen im Bereich des „sozialen Konsums“ anbieten. Zusätzliche negative Effekte gehen von der Kaufzurückhaltung der Konsument*innen aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit sowie der Unsicherheit über die weite-
© Der/die Autor(en) 2020. Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (https:// creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht.
re wirtschaftliche Entwicklung aus. Viele Konsument*innen dürften ihre Ausgaben auch aufgrund von Ansteckungsgefahren einschränken. Steigende Infektionszahlen und das Fehlen einer überzeugenden Strategie zur Bekämpfung der Pandemie dürften Unternehmen dazu veranlassen, größere Investitionsvorhaben zumindest aufzuschieben. Während der Angebotsschock eher preistreibend wirkt, gehen von den Störungen auf der Nachfrageseite eher deflationäre Effekte aus. Bisher sind seit dem Jahresende 2019 keine größeren Auswirkungen der Krise auf die Verbraucherpreise zu erkennen. Während das Preisniveau im Euroraum und in Deutschland im Oktober 2020 saisonbereinigt um rund 0,5 % bzw. 0,4 %
Data Loading...