Mehr Geriatrisches Assessment gefordert
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Wie in den vergangenen Jahren sollte auch der diesjährige Herbstkongress der AIO in Berlin stattfinden. Aus der Präsenztagung wurde allerdings ein Treffen im virtuellen Raum.
17. AIO-Herbstkongress
Mehr Geriatrisches Assessment gefordert
In den nächsten 15 Jahren wird die Zahl der Krebskranken weltweit deutlich zunehmen, was zum einen auf einer weiter wachsenden Bevölkerung und zum anderen auf einem steigenden Anteil älterer Menschen beruht. So geht die International Agency for Research on Cancer (IARC) davon aus, dass die Zahl der Krebskranken unter 65 Jahren bis 2035 um 41 % zunimmt, die ab 65 Jahren sich aber mehr als verdoppeln wird. „Alte Patienten sind die Hauptklientel in der onkologischen Versorgung“, so Ulrich Wedding, Jena, Sprecher der AIO-Arbeitsgruppe Geriatrische Onkologie. Das werde in klinischen Studien aber noch immer nicht ausreichend berücksichtigt.
Seltener Über- und Untertherapie
In US-Studien lag der Anteil der über 65-jährigen Studienteilnehmer zwischen den Jahren 2001 und 2011 recht konstant bei nur einem Viertel, über 75-Jährige stellten weniger als 10 %. Daran habe sich in der Zwischenzeit nur wenig geändert, so Wedding. Nach aktuellen Analysen sinke der Anteil älterer Krebspatienten in klinischen Studien sogar weiter, obwohl es in den Studien oftmals keine formale Altersbeschränkung gebe. Vor allem industriefinanzierte Studien und solche mit ziel gerichteten Therapien scheinen ältere Patienten zu benachteiligen [Ludmir EB et al. JAMA Oncol. 2019; https://doi.org/10.1001/ jamaoncol.2019.2055]. Damit stelle sich die Frage, welchen Wert die Studienergebnisse hätten, wenn sie nicht bei der Hauptklientel – den älteren Patienten – erhoben wurden. Um Fehlbehandlungen zu vermeiden, sei daher ein gründliches geriatrisches Assessment (GA) nötig. Wedding nannte eine wegweisende Phase-III-Studie bei älteren Patienten (> 70 Jahre) mit fortgeschrittenem Lungenkrebs [Corre R et al J Clin Oncol. 2016;34(13):1476-83]. Im einen Studienarm erfolgte die Therapiezuweisung nur nach dem Performancestatus und dem biologischen Alter, im anderen nach einem GA, hier stand also die Funktion inklusive Mobilität und Kognition im Vordergrund. In der Kontrollgruppe erhielten Patienten bis 75 Jahre und mit einem guten Performancestatus eine Carboplatin-basierte Therapie, ältere oder solche mit einem schlechten Status Docetaxel. In der GA-Gruppe bekamen die fitten Patienten die Carbo
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InFo Hämatologie + Onkologie 2020; 23 (12)
platin-Therapie, die vulnerablen Docetaxel und die gebrechlichen lediglich eine supportive Behandlung. Mit dieser Strategie lebten die Betroffenen im Schnitt genauso lange wie in der Kontrollgruppe, hatten aber weniger mit toxischen Effekten zu kämpfen, auch gab es seltener Über- und Unterbehandlungen, erläuterte Wedding. In einer anderen Untersuchung zeigte sich auch ein Vorteil bei der Mortalität [Shahrokni A et al. JAMA Netw Open. 2020;3(8):e209265]: Erhielten über 75-Jährige nach einer Tumoroperation ein spezielles geriatrisches Komanagement, dann war die 90-Tages-Sterblichkeit nu
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