Pater Wilhelm Schmidt und Sigmund Freud: Gesellschaftliche Kontexte einer religionsethnologischen Kontroverse in der Zwi
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Pater Wilhelm Schmidt und Sigmund Freud: Gesellschaftliche Kontexte einer religionsethnologischen Kontroverse in der Zwischenkriegszeit Peter Rohrbacher
Eingegangen: 15. Juni 2020 / Angenommen: 19. Juli 2020 © Der/die Autor(en) 2020
Zusammenfassung Diese Studie beschäftigt sich mit den konträren Thesen zur Religionsentstehung, die Pater Wilhelm Schmidt und Sigmund Freud 1912/1913 in Wien vorlegten. Eine Auseinandersetzung fand viele Jahre nicht statt, bis Schmidt Ende Oktober 1928 Freud mit einem öffentlichen Vortrag herausforderte, den Freud nicht erwiderte. Freud bezeichnete Schmidt allerdings in den 1930er-Jahren in privaten Briefen als den Hauptfeind der Psychoanalyse in Wien und vermutete, dass Schmidt aufgrund seiner guten Kontakte zum Papst ein Verbot der Psychoanalyse im Vatikan initiierte. Ziel der Untersuchung ist die Herausarbeitung der gesellschaftlichen Kontexte dieser seit Langem bekannten Freud-Narrative. Die ersten Abschnitte erörtern die Gründe, weshalb Schmidts Kritik darauf abzielte, auf Freud das Feindbild des Bolschewismus zu übertragen. Dabei wird folgende Hypothese verfolgt: Schmidts Angriff auf Freud steht in Zusammenhang mit der Gründungsinitiative einer psychoanalytischen Privatlehranstalt in Wien, die im Januar 1929 unter dem christlich-sozialen Bildungsminister Richard Schmitz abgelehnt wurde. Der letzte Teil untersucht Dokumente aus dem „Heiligen Offizium“, das 1933/34 ein Buchverbotsverfahren gegen Freuds Schüler Edoardo Weiss führte. Die Studie basiert auf Schmidts Veröffentlichungen in Bezug auf Freud, ausgewählter Literatur von und über Freud, Zeitungsberichten aus Österreich sowie Archivmaterial aus dem Vatikan. Schlüsselwörter Geschichte der Anthropologie · Geschichte der Psychoanalyse · Totem und Tabu · Feindbild des Bolschewismus · Faschismus
P. Rohrbacher () Institut für Sozialanthropologie, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Hollandstraße 11–13, 1020 Wien, Österreich E-Mail: [email protected]
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P. Rohrbacher
Father Wilhelm Schmidt and Sigmund Freud: social contexts of a controversy in the anthropology of religion during the interwar period Abstract This study deals with the contrasting theses on the origin of religion that Father Wilhelm Schmidt and Sigmund Freud presented in Vienna in 1912/1913. A discussion did not take place for many years until Schmidt challenged Freud with a public lecture at the end of October 1928, which Freud did not respond to. In private letters in the 1930s, however, Freud described Schmidt as the main enemy of psychoanalysis in Vienna and suspected that Schmidt, because of his good contacts with the Pope, had initiated a ban on psychoanalysis in the Vatican. The aim of the study is to work out the social contexts of these long-known narratives of Freud’s. The first sections discuss the reasons why Schmidt’s criticism was aimed at portraying Freud as the enemy of Bolshevism. Thus, the following hypothesis is pursued: Schmidt’s attack against Freud correlates with the founding initiative of a private psychoanalytic institu
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