Proaktiv Delir vermeiden
- PDF / 135,223 Bytes
- 2 Pages / 595.276 x 790.866 pts Page_size
- 0 Downloads / 145 Views
Proaktiv Delir vermeiden Delirsensibles Krankenhaus Nach einer Operation nicht mehr die- oder derselbe zu sein und als Folge davon nicht mehr selbstständig in den eigenen vier Wänden leben zu können, davor haben viele ältere Menschen Angst. Im Katholischen Klinikum in Mainz (kkm) geht man erfolgreich dagegen vor.
D
er akute Verwirrtheitszustand, das Delir, gehört zu den häufigsten Komplikationen älterer Patienten im Krankenhaus. Früher verharmlosend als „Durchgangssyndrom“ bezeichnet – lästig, aber vermeintlich vorübergehend – hat das Delir heute eine eigenständige medizinische Bedeutung. Es beschreibt einen unspezifischen Zustand mit diffusen Hirnfunktionsstörungen, die im schlimmsten Fall sogar zu Pflegebedürftigkeit führen. Die Betroffenen leiden an plötzlicher Verwirrtheit, die einige Stunden oder auch Tage anhalten kann. Bleibt das Delir unerkannt und wird nicht behandelt, kann es die geistigen Fähigkeiten der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigen. Sie erreichen dann nicht mehr die geistige Fitness, die sie vorher hatten. In allgemeinen Krankenhäusern entwickeln immerhin 40% der älteren Patienten ein Delir, bei sehr alten sind es sogar 56%. Die Patienten haben einen gestörten Schlaf-wach-Rhythmus, manche leiden an hyperaktiven Unruhezuständen (hyperaktives Delir), andere an einer Verlangsamung bis hin zur Apathie verbunden mit Schläfrigkeit (hypoaktives Delir) oder auch an Mischformen. Ferner kommen Halluzinationen und Wahnsymptome vor, oft zusammen mit Tachykardie – also Herzjagen – Schwitzen, Zittern und Harninkontinenz.
Im kkm sprechen Anästhesiologen, Unfallchirurgen, Geriater und Pflegekräfte dieselbe Sprache – das ist ein Riesenvorteil. Oberstes Ziel: Delir vermeiden Das Katholische Klinikum in Mainz (kkm) gehört zu den ersten delirsensiblen Krankenhäusern in Deutschland. „Oberstes Ziel ist es, ein Delir zu vermeiden“, bringt Dr. med. Andrea Küchle, Funktionsoberärztin am kkm und Fachärztin für Anästhesiologie, das von ihr initiierte Konzept auf den Punkt. Seit Juli 2019 betreut das Klinikum in der Mainzer Oberstadt ältere Patienten vor, bei und nach Operationen so, dass sie von einem Delir verschont bleiben oder – falls es doch auftritt – dass sie schnellst- und bestmöglich versorgt werden. Medikamente spielen generell bei der Behandlung eines Delirs nicht die Hauptrolle. „Sie können das Delir nicht heilen, höchstens
38
Symptome lindern. Zur Behandlung der hypoaktiven Form des Delirs gibt es gar keine Medikamente“, sagt die Fachärztin. Hingegen gibt es Wirkstoffe, die ein Delir begünstigen, auf die verzichtet das kkm. So hat die Anästhesiologie eine spezielle Geronto-Narkose entwickelt und als Standard Operating Procedure (SOP) für die Delir-Risikopatienten etabliert. „In einem patientenspezifischen Medikationsplan werden daher durch den Apotheker des Hauses alle für ältere Patienten inadäquate Medikamente gekennzeichnet“, so Andrea Küchle. Des Weiteren gibt es perioperativ keine Benzodiazepine, da diese ein Delir begünstigen. Auch auf Station wird so weit wie möglich auf Benzodiazepine verzicht
Data Loading...