Psyche und Diabetes mellitus

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REPORT


Solmaz Golsabahi-Broclawski Medizinisches Institut für Transkulturelle Kompetenz, Bielefeld, Deutschland

Psyche und Diabetes mellitus Psychosozialer Stress bei Diabetes

Hintergrund Diabetes mellitus ist ein Überbegriff für Störungen des Stoffwechsels. Die multifaktorielle Pathogenese führt oft zu unterschiedlichen Entstehungsverläufen der Erkrankung, die meist erst spät und in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. In der psychiatrischen Sprechstunde handelt es sich in der Regel um einen Zufallsbefund im Rahmen der Erstuntersuchung bei Patienten mit Zuwanderungsgeschichte [1]. Die Erkrankung kann akut oder chronisch verlaufen, mit möglichen Folgestörungen im gesamten psychischen und somatischen Beschwerdebereich, wobei die Diagnose und die daraus resultierenden Therapieoptionen im Verlauf der Erkrankung ebenso wie sozialmedizinische Folgestörungen des Krankheitsbildes von entscheidender Bedeutung sind.

Diabetesprävalenz »ist beiDieMenschen mit Migrationshintergrund auffällig hoch Bei Migranten ist die Prävalenz dieser Erkrankung auffällig hoch: Etwa 15 % der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland sind an Diabetes mellitus erkrankt, das sind prozentual doppelt so viele wie in der einheimischen Bevölkerung [2, 3]. Die vorliegenden Befunde legen nahe, dass Versorgungs- und Handlungsbedarf v. a. in den Bereichen psychischer und chronischer Erkrankungen sowie bei Kindern und asylsuchenden Familien besteht [5]. Zumeist sind eine nicht situationsadäquate Ernährung, Bewegungsmangel, fehlerhaftes Stressmanagement und Re-

silienzelemente die Hauptrisikofaktoren für Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Übergewicht, arterielle Hypertonie, depressive Störungen sowie Abhängigkeitserkrankungen.

Lebensstilfaktoren Bei Diabetes mellitus ist nicht nur der Erkrankte selbst betroffen, sondern seine gesamte Umwelt. Nicht selten werden alltägliche Lebensprobleme auf die Erkrankung projiziert – ohne die tatsächlichen Ursachen zu bearbeiten und die Herausforderungen im Umgang mit der Therapie anzunehmen. Vor allem falsche Ernährung, mangelnde Disziplin bei der Therapie und fehlendes Wissen können als Stressfaktoren genannt werden. Migranten sind eine heterogene Bevölkerungsgruppe, welche in unterschiedlichen Lebensphasen verschiedensten Stressfaktoren ausgesetzt sein kann. Hierbei spielen Herkunftsland und -region ebenso eine Rolle wie 4 Migrationsbiografie, 4 Weltbild, 4 Bildung, 4 Einstellung zu Religion, 4 kulturelle Überzeugungen, 4 Erwerbs- und Wohnsituation sowie 4 Aufenthaltsstatus. Die Wechselwirkungen mit dem sozioökonomischen und psychosozialen Status der Patienten mit Diabetes mellitus führen zu unterschiedlichen Ausprägungen und Verläufen der chronischen Erkrankung. Der Umgang mit dem Ernährungsplan und die Einhaltung der Therapie hängen von vielen Faktoren ab, welche dem therapeutischen Team auf dem ersten Blick oft nicht ersichtlich sind und sich von denen der einheimischen Be-

völkerung mit Diabetes mellitus unterscheiden. Wie am Beispiel des klinischen Falls eines 30-jährigen Marokkaners, der sei