Sparling, Robert Alan (2019): Political Corruption. The Underside of Civic Morality
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Sparling, Robert Alan (2019): Political Corruption. The Underside of Civic Morality Philadelphia: University of Pennsylvania Press. 272 Seiten. $ 59.95 Ulrich von Alemann
© Der/die Autor(en) 2020
Die Korruptionsliteratur wuchs in Deutschland in den 1980er-Jahren auf, erreichte eine Blüte in den 1990er-Jahren und ebbte wieder deutlich ab. Diese Welle ist sicher nicht mit einem Auf- und Abschwellen der Korruption selbst zu erklären, sondern eher wissenschaftlichen Aufmerksamkeitszyklen geschuldet. Jedenfalls hat die angelsächsische einschlägige Forschung keinen Durchhänger, wie das umfangreiche Verzeichnis aktueller und klassischer Literatur des Bandes von Robert A. Sparling von der University of Ottawa beweist. Korruption ist ein Übel, darin sind sich ausnahmsweise praktisch alle Autorinnen und Autoren einig. Nur einige wenige Ökonominnen und Ökonomen halten Korruption bei der Modernisierung der Entwicklungswelt für funktional, weil es anachronistische tribale Strukturen auf das neue universale Tauschmittel Geld umstellt. Und es gibt auch noch Ausnahmen der negativen Konnotation der Korruption in Despotien und unter Fremdherrschaft als Gegenwehr. Das war der Ursprung der Mafia (nach einem Mythos?), und das galt auch im KZ oder anderen totalitären Formen des Staatsterrors als Notwehr gegen Schergen des Regimes. Diese Aspekte beleuchtet Sparling überraschenderweise nicht. Dennoch lohnt es sich, sein Buch zu lesen. In der grundsätzlichen und historischen Literatur zur Korruption unterscheidet man zwei Grundauffassungen: Die erste, ältere versteht Korruption als ein grundsätzliches Verlottern der Sitten und der moralischen politischen Verhältnisse, in der Regel als ein Niedergangsphänomen, oft als Verderbnis (so wörtlich „corruptio“) eines guten oder gar goldenen Zeitalters. Die zweite, vermeintlich moderne Auffassung konzipiert Korruption als eine individuelle private Bereicherung von Amtsträgerinnen und Amtsträgern in einer öffentlichen Stellung, d. h. also als „private gain in public office“. U. von Alemann () Institut für Sozialwissenschaften, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Deutschland E-Mail: [email protected]
K
U. von Alemann
Sparling schlägt einen anderen Weg ein. Zunächst einmal geht er davon aus, dass sich die politische Theorie und insbesondere die politische Philosophie in jüngerer Zeit viel zu wenig mit dem Phänomen der Korruption befasst habe. Sie hat es den Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern, den Juristinnen und Juristen, Kriminologinnen und Kriminologen sowie den Ökonominnen und Ökonomen überlassen, darüber zu räsonieren, nein, er meint es würde im wörtlichen Sinne zu wenig „räsoniert“, also vernünftig nachgedacht, sondern zu viel maßnahmeorientiert praktiziert. Dies sei ein schwerer Fehler. Denn die politische Theorie berge einen Schatz an Erkenntnissen über Korruption, den es zu heben gälte. Die Dichotomie zwischen Korruption als ein Verderben der Sitten einerseits oder aber als ein strafrechtlicher Akt der Bestechung von Beamtinnen und Beamten (oder Unternehmerinnen und
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