Schwangerschaftsvorsorge und Dokumentation

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REPORT


Alles was Recht ist

Schwangerschaftsvorsorge und Dokumentation

B

ei einer Patientin wurde eine Schwangerschaft in der rechne­ risch 8. SSW festgestellt. Das Erst­ trimesterscreening fand in der 12. + 3 SSW statt und in der 19. + 1 SSW ergab ein Ultraschall den Verdacht auf eine atypische Plazentalokalisation; der Vier­ kammerblick konnte hier zunächst nicht dargestellt werden. Sechs Tage später folgte eine weitere Untersuchung, deren Anlass, Umfang und Ergebnis streitig blieben. Zwei Monate später wurde die Patientin aufgrund fraglicher fetaler Herzrhythmusstörungen und anhalten­ der Plazentaproblematik ins Kranken­ haus zur weiteren Abklärung überwie­ sen. Nachdem dort keine Unregelmäßig­ keiten gefunden wurden, brachte die Pa­ tientin zwei Monate später per Sectio ihr Kind zur Welt, das leider doch einen schweren Herzfehler und diverse Fehl­ bildungen hatte.

So sah das Gericht den Fall Das Landgericht (LG) Bad Kreuznach wies die Klage trotz zahlreicher Vorwür­ fe gegen die schwangerschaftsbetreuen­ de Ärztin zurück (Urt. v. 9.10.2020, 2 O 132/18). Dass der Vierkammerblick an­ geblich nicht erfolgte, konnte nicht be­ wiesen werden. Die Beklagte hatte viel­ mehr glaubhaft dargelegt, dass sie am fraglichen Tag zwar den Blick wegen der Lage des Kindes tatsächlich zunächst nicht habe erfassen können, wie dies da­ her auch im Mutterpass angekreuzt sei. Deshalb habe sie aber sechs Tage später erneut kontrolliert; hier sei die Einstel­ lung möglich gewesen und ohne Auffäl­ ligkeiten geblieben, was in der Kartei mit

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„Kind oB“ vermerkt sei. Das Gericht zeig­ te sich von diesem Ablauf im Wege sei­ ner Beweiswürdigung letztlich über­ zeugt, obwohl ein Dokumentations­ mangel in Streit stand, da der Vierkam­ merblick nicht explizit nochmals als unauffällig niedergeschrieben worden war. Allerdings ergab sich auch retro­ spektiv kein Verdacht auf sorgfaltswid­ riges Handeln. Im Gegenteil, die in Fra­ ge stehenden Defekte (Atriumseptum­ defekt II und Ventrikelseptumdefekt) mussten angesichts der konkreten Lage und Ausprägung beim Kind bei der rou­ tinemäßigen Sonografie nicht zwingend erkannt werden. Auch die weiteren Vor­ würfe erwiesen sich als unbegründet, unter anderem etwa, dass eine nicht ­regelgerechte Ausbildung der Arme ver­ kannt worden sei, da die Beurteilung von Händen, Armen und Füßen im Rah­ men der gesetzlichen Vorsorgeuntersu­ chungen gar nicht zwingend vorgesehen ist.

Was bedeutet das Urteil für den klinischen Alltag? Der Fall zeigt anschaulich, wie eine sub­ jektiv eventuell für ausreichend erachte­ te Dokumentation objektiv plötzlich streitig werden kann. Denn während die Beklagte korrekt im Mutterpass notier­ te, dass der Vierkammerblick bei der ersten Untersuchung nicht möglich war, dies kontrollierte und das Ergebnis für sich mit „Kind oB“ festhielt, behauptete die Patientin schlicht, der Blick sei erst nicht möglich gewesen und dann verges­ sen worden. Rechtlich eröffnete dies Streitpotenzial, ob ein Dokumentations­

©© Martin S. Greiff

Werden Kinder mit Fehlbildungen geboren, wird oft die Frage