Selbstoptimierung durch Quantified Self?
Der Fokus des Beitrags liegt auf der „Urszene“ von Quantified Self, dass jemand freiwillig, mit möglichst eigenen Mitteln eine Selbstvermessung praktiziert. Konkret fragt der Text nach den sich verändernden Selbstverhältnissen durch eine Selbstvermessung.
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Stefan Meißner
Quantified Self (QS) ist die in Deutschland weithin übernommene Selbstbeschreibung einer losen Gruppe von Menschen, die sich und ihre Aktivitäten quantitativ vermessen. Das Spektrum dieser Quantifizierung ist äußerst breit und reicht von den täglichen Bewegungen, über die Aufzeichnung der eigenen Gefühlszustände, des Blutdrucks, der Ernährung bis hin zum eigenen Schlafverhalten oder Hirnströmen. Die Etablierung des Begriffs Quantified Self und des Netzwerks mit vielen regionalen Konferenzen beginnt 2008. Bis in die Gegenwart ist eine Ausbreitung des Begriffs QS oder anderer Beschreibungen des Phänomens wie etwa Lifelogging, se coacher, personal analytics oder Self-Tracking zu beobachten. Selbstvermessung als Praxis ist dabei keineswegs neu, so führte u.a. Benjamin Franklin detailliert Buch über seine eigenen Aktivitäten und Fortschritte in 13 verschiedenen Tugenden wie Sparsamkeit und Fleiß, aber auch Schweigen (vgl. Morozov 2013, S. 382).1
Franklin definierte zunächst 13 Tugenden, nach denen er leben wolle. Da er jedoch immer wieder im Alltag dagegen verstieß, wollte er sein Bemühen systematisieren. Er fokussierte wochenweise je auf eine Tugend, markierte jedoch jeden Verstoß als Punkt in einer Tabelle .
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© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 S. Selke (Hrsg.), Lifelogging, DOI 10.1007/978-3-658-10416-0_10
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Stefan Meißner
Als neu erscheinen dagegen drei Aspekte: Erstens wird das Messen der Daten durch Sensoren erleichtert und zum Teil überhaupt erst ermöglicht. Jedes Smartphone besitzt einen GPS-Sensor, der automatisch die zurückgelegte Strecke messen kann und in Kombination mit einem Beschleunigungssensor auch erkennen kann, ob diese Strecke zu Fuß, mit dem Rad oder dem Auto absolviert wurde bzw. wie viel Stufen am Tag bewältigt wurden. Erleichtert wird das Messen, da nicht mehr jeder Schritt gezählt werden muss. Dies geschieht automatisch, nebenbei mit dem Handy oder mittels darauf spezialisierter kleiner Geräte von Anbietern wie z.B. fitbit, jawbone oder bodymedia. Ermöglicht wird das Messen, da wir beispielsweise unseren Schlafrhythmus oder unseren Blutzuckerspiegel ohne Sensoren überhaupt nicht erfassen, sondern nur über indirekte Vermutungen erschließen können. Sensoren werden jedoch immer billiger und kleiner und können dadurch vermehrt im Alltag eingesetzt werden. Zweitens kommen mit der einfachen Messung durch Sensoren und den dadurch leicht entstehenden, großen Datenmengen vielfältige Möglichkeiten der Darstellung und Visualisierung von Daten zum Tragen. Die gemessenen Daten werden immer seltener in Rohform betrachtet, sondern zumeist in anschaulichen Visualisierungen und eingängigen Darstellungen. Denn statt einer wissenschaftlich validen Analyse geht es zumeist um eine schnell erfassbare Repräsentation der Daten.2 So zeigt beispielsweise Alpinereplay komplexe Bewegungen auf einen Blick oder Hapifork visualisiert instantan die Essgeschwindigkeit. Diagramme, Kurven, Fortschrittsanzeigen, Zahlen und Benchmarks transformieren die Daten in ein spezifisches, schnell und leicht erf
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