Sozialmedizinische Interventionen in der Richtlinienpsychotherapie
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David Schymainski1 · Michael Linden1 · Georg Schmitt2 · Mathias Rose1 1 2
Medizinische Klinik m.S. Psychosomatik, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV), Berlin, Deutschland
© Der/die Autor(en) 2020
Sozialmedizinische Interventionen in der Richtlinienpsychotherapie Psychische Erkrankungen, seien es hirnorganische Störungen, Suchterkrankungen, schizophrene Psychosen, viele depressive Erkrankungen und Angststörungen, somatoforme Störungen oder Persönlichkeitsstörungen, sind geradezu ihrer Natur nach Langzeit- oder chronische Erkrankungen mit persistierenden oder rezidivierenden Verläufen. Sie schränken die private, aber auch die berufliche Lebensführung und Teilhabe der Betroffenen ein (Köllner 2014; Linden 2009a, 2017a). Sozialrechtlich sind damit viele psychische Erkrankungen gemäß §§ 2 und 26 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) als „Behinderung“ zu verstehen, was bei der Therapieplanung zu berücksichtigen ist (Linden 2016).
Hintergrund Eine ganzheitliche Behandlung muss sich in Fällen psychischer Langzeitstörungen an dem „biopsychosozialen Krankheitsmodell“ orientieren. Das biopsychosoziale Krankheitsmodell hat fachlich in allen medizinischen Disziplinen Gültigkeit. Dies ist an mehr als 10.000 Publikationsnennungen bei Google Scholar zu erkennen. Damit gilt das biopsychosoziale Krankheitsmodell auch in der Psychotherapie und stellt eine wichtige Basis der Sozialmedizin dar (BÄK 2010). Mit der Herausgabe der „Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO; Egger 2005;
World Health Organization 2001) ist die Orientierung am biopsychosozialen Krankheitsmodell rechtsverbindlich. Danach ist die Behandlung gerade bei psychisch Kranken auf Funktionsstörungen, Fähigkeitseinschränkungen und Kontextbarrieren gleichermaßen auszurichten (Linden 2017a). Neben der Therapie von Symptomen und zugrunde liegenden psychodynamischen Prozessen der vorliegenden Krankheit ist eine teilhabeorientierte Behandlung der Patienten vonnöten, im Sinne eines Trainings krankheitsbedingt beeinträchtigter Fähigkeiten und Förderung der Teilhabe (Partizipation) in Alltag und Beruf (Linden 2017b; Muschalla et al. 2016). Bei einer solchen mehrdimensionalen Behandlung kommt insbesondere mit Blick auf Teilhabebeeinträchtigungen sozialmedizinischen Interventionen eine Schlüsselrolle zu (Gühne et al. 2006). Darunter ist eine Fülle an therapeutischen Hilfen zu verstehen, zur Unterstützung der beruflichen und sozialen Teilhabe und Inklusion, um auf Dauer eine unbeeinträchtigte Lebensführung zu ermöglichen. Dies umfasst die Therapiekoordinierung, Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe im Berufsleben und Teilhabe am Alltagsleben sowie unmittelbare soziale Hilfestellungen. Unter Therapiekoordinierung sind die Organisation und Steuerung einer multiprofessionellen Behandlung zu verstehen. In einem gegliederten Gesundheitswesen stehen Therapeuten nicht allein, sondern es gibt eine Fülle von alternativen und ergänzende
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