Subjektivierung der Biographie. Lebensorientierungen und Anspruchshaltungen

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REPORT


bjektivierung der Biographie. Lebensorientierungen und Anspruchshaltungen Stefanie Hürtgen · Stephan Voswinkel

Zusammenfassung:  Gegen einen Trend aktueller sozialwissenschaftlicher Analysen, von den derzeitigen Veränderungen in den Arbeits- und Lebensverhältnissen auf entsprechende Entwicklungen sozial-psychischer Dispositionen zu schließen, entwickelt der vorliegende Artikel theoretisch und empirisch die These, dass Menschen auch selbst Anforderungen an sich definieren und ihre Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten strukturieren, indem sie sich mit ihren strukturellen Bedingungen auseinandersetzen. Zum Verständnis der Art und Weise, dies zu tun, entwickelt der Aufsatz das Konzept der „Lebensorientierungen“. Anhand von vier beispielhaften Typisierungen von Lebensorientierungen aus einem Forschungsprojekt zu Ansprüchen an Arbeit von „NormalarbeitnehmerInnen“ wird gezeigt, dass gängige Vorstellungen von Subjektformen korrekturbedürftig sind. Schlüsselwörter:  Identität · Arbeit · Biographie · Subjektive Grenzziehungen

Subjectivisation of biography. Life-orientations and senses of entitlement Abstract:  Opposing the tendency within current analyses in the social sciences to draw a conclusion from present changes in people’s working and living conditions to corresponding social-psychic dispositions, this article both theoretically and empirically develops the thesis that people— by considering structural preconditions—put demands on themselves and structure their resources and possible courses of action. In order to understand how this is done, the article develops the concept of “life-orientation”. By means of four exemplary typifications of life-orientations gained from a research project on employees’ demands on work, we will demonstrate that established beliefs about actual forms of subjectivity are in need of correction. Keywords:  Identity · Work · Biography · Subjective boundary

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 Dr. S. Hürtgen () · Dr. S. Voswinkel Institut für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität,   Senckenberganlage 26, 60325 Frankfurt am Main, Deutschland E-Mail: [email protected] Dr. S. Voswinkel E-Mail: [email protected]

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S. Hürtgen und S. Voswinkel

1  Einleitung Es ist inzwischen Gemeingut in der Soziologie, dass die Arbeitsverhältnisse verglichen mit der Referenzfolie des Fordismus heute stark flexibilisiert und entgrenzt sind. Gemeint ist damit, dass Arbeitsprozesse weniger standardisiert, Arbeitszeiten flexibilisiert und die Beschäftigungsverhältnisse variantenreicher, diskontinuierlicher und instabiler sind, während zugleich, unter Bedingungen zunehmender Vermarktlichung, die Erwartungen steigen, subjektive Fähigkeiten und Motivationen in die Arbeit einzubringen, was in höchst widersprüchlicher und konflikthafter Weise auf Ansprüche mindestens eines Teils der ArbeitnehmerInnen trifft. Diese Prozesse gehen, so die verbreitete Überzeugung, mit der Deinstitutionalisierung von Status und Lebenslauf ebenso einher wie mit der Auflösung stabiler Trenn