Der Ulmer Steinschneider Johannes Palm und seine Familie

  • PDF / 826,939 Bytes
  • 8 Pages / 595.276 x 790.866 pts Page_size
  • 115 Downloads / 204 Views

DOWNLOAD

REPORT


tion F. Moll, Köln D. Schultheiss, Gießen

P. Kraus · H.J. Winckelmann Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm, Ulm

Der Ulmer Steinschneider Johannes Palm   und seine Familie Am Höhepunkt der Steinschnittkunst:   ein Beitrag zur Urologie des 19. Jahrhunderts

Da überhaupt die Art, wie ich die Lythotomie verrichte, so wenig abschreckendes hat… (Johannes Palm). Der Steinschnitt zählt zu den ältesten Operationen, er wurde nachweislich schon in der Antike ausgeführt. Die erste ausführliche Beschreibung verdanken wir Celsus. Das von ihm im ersten Jahrhundert n. Chr. beschriebene Verfahren wurde bis in die Neuzeit angewendet, lediglich das chirurgische Instrumentarium sollte sich verändern. Erst ab dem Ende des 17. Jahrhunderts wurden neue Verfahren eingeführt, die die über eineinhalb Jahrtausende gängige Operationsmethode nach Celsus modifizierten oder ersetzten (1679 der Seitensteinschnitt, 1789 der Schnitt durch den Mastdarm, 1779 Entwicklung von Pfeilsonden, wodurch die bereits bekannte Sectio alta sicherer wurde [8, 13]). Allerdings konnten auch diese Methoden nicht das Ende des Steinschnitts verhindern, als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Zugang zur Blase mittels Skalpell durch die Lithotripsie abgelöst wurde, bei der Blasensteine durch transurethral eingeführte Instrumente zertrümmert werden. In dieser Umbruchphase galt der Ulmer Steinschneider Johannes Palm (1794– 1851) als einer der erfahrensten Steinschneider seiner Zeit, einer Zeit, die letztlich das Ende der über 2000-jährigen em-

pirischen Steinschnittchirurgie und damit gewissermaßen auch deren Höhepunkt darstellte. Dieser Aufsatz möchte exemplarisch an Johannes Palm die Möglichkeiten und Grenzen des Steinschnitts aufzeigen, als er nach über 2000-jähriger chirurgischer Entwicklung quasi in seinem Zenit stand [10]. Daneben soll die Übergangsphase zwischen der klassischen Lithotomie und dem Siegeszug der Lithotripsie und ergänzend die perioperative Versorgung im 19 Jahrhundert dargestellt werden.

Steinschneider in Ulm – Flying Doctors am Donauufer Im 19. Jahrhundert galt Ulm als Endemiegebiet der Urolithiasis – und einige Ärzte aus dem Ulmer Raum zählten zu den erfahrensten Steinschneidern [7]. Schon vorher besaß Ulm jedoch eine reiche „Steingeschichte“, so bestellte der Rat der Stadt bereits 1532 eigens einen Steinschneider [9]. Von überregionaler medizinhistorischer Bedeutung war der Ulmer Stadtphysikus Johannes Scultetus (1595– 1645), der mit seinem posthum erschienenem Werk „Wundartzneyisches Zeughauß“ einen Meilenstein der chirurgischen Literatur setzte und darin auch den Steinschnitt beschrieb (. Abb. 1, [17]). Neben den örtlichen Chirurgen operierten in Ulm auch fahrende Steinschnei-

der, also Wundärzte, die von Stadt zu Stadt zogen und beispielsweise auf (Jahr-)Märkten die örtliche Bevölkerung behandelten. Alleine durch ihre größere operative Erfahrung hatten diese Chirurgen – entgegen der landläufigen Meinung – einen hohen Kenntnisstand [8].1 Diese reisenden Chirurgen bedienten sich oft ausgefallener W