Diagnose auf den zweiten Blick

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REPORT


Intensivmedizin und Notfallmedizin

Bild und Fall Med Klin Intensivmed Notfmed https://doi.org/10.1007/s00063-020-00751-7 Eingegangen: 22. Juni 2020 Überarbeitet: 21. August 2020 Angenommen: 16. September 2020 © Der/die Autor(en) 2020 Redaktion C.P. Heußel, Heidelberg R. Riessen, Tübingen

Anamnese Ein 91-jähriger Patient stellte sich kurz nach häuslichem Sturz mit frontalem Kopfanprall an einem Zaun auf der Notfallstation vor. Er klagte über Kopfschmerzen ohne Schwindel, Übelkeit oder Erbrechen. Die tägliche Medikation bestand aus Pregabalin und Rivaroxaban.

Klinischer Befund Auf der Notfallstation präsentierte sich der Patient wach und orientiert sowie kardiopulmonal stabil. Im primären Bodycheck zeigten sich eine Prellmarke im Bereich der rechten Wange sowie eine Druckdolenz über der Halswirbelsäule, woraufhin die Immobilisierung mittels Immobilisationskragen erfolgte. Die weitere körperliche Untersuchung war unauffällig. Insbesondere der Halsbereich wies keine Schwellungen oder Prellmarken bei fehlendem Stridor und unauffälliger Sprache auf.

L. Marck1 · B. Yuen2,3 1

Institut für Intensivmedizin, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz Interdisziplinäre Intensivstation, Spital Bülach, Bülach, Schweiz 3 Universität Zürich, Zürich, Schweiz 2

Diagnose auf den zweiten Blick Retropharyngeales Hämatom nach Sturz unter oraler Antikoagulation

natriämie (S-Natrium 134 mmol/l) und ein INR von 1,5 unter Antikoagulation mit Rivaroxaban.

Notfallmedizinischer Verlauf Rund sieben Stunden nach Sturzereignis entwickelte der Patient noch auf der Notfallstation neu einen unproduktiven Husten. Nach einem Hustenanfall kam es kurze Zeit später zu einem Atemstillstand mit Zyanose, gefolgt von einer hypoxämieinduzierten Bradykardie (Herzfrequenz 35/min), welche mit 0,5 mg Atropin the-

rapiert wurde. Unter der sofort eingeleiteten Maskenbeatmung konnte rasch eine adäquate Oxygenierung gewährleistet werden. Ein konventioneller Intubationsversuch war bei nicht einzusehender Stimmbandebene und diffuser supraglottischer Weichteilschwellung erfolglos. Bei definitionsgemäß vorgelegenem „difficult airway“ erfolgte der zweite Intubationsversuch fiberoptisch, welcher gelang. Danach wurde der Patient hämodynamisch stabil und mechanisch beatmet auf die Intensivstation verlegt (. Abb. 1).

Labor/Bildgebung In der Nativ-CT von Halswirbelsäule und Schädel gab es keine Hinweise auf eine Fraktur oder eine intrakranielle Blutung. Im Labor zeigten sich eine milde Anämie (Hämoglobin 13,5 g/dl), eine Hypo-

Abb. 1 8 CT mit Darstellung des großen retropharyngealen Hämatoms (Pfeile) im Bereich HWK 4–7 mit Komprimierung und Verdrängung der Trachea nach ventral am Vorstellungstag

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin

Bild und Fall D Wie lautet Ihre Diagnose?

Diagnose: Traumatisches »retropharyngeales Hämatom unter oraler Antikoagulation

Intensivmedizinischer Verlauf Am Folgetag demarkierte sich eine rechtsseitige Schwellung im Halsbereich, entsprechend einem Hämatom im Ultraschall. In der erneuten Durchsicht der CT-Aufnahmen vom Vor