Erziehungswissenschaftliche Betrachtung Mitwirkung, Interesse und Lernmotivation in der Schule

Wer kennt nicht das Klagen über die mangelnde Motivation des Nachwuchses, an ehrenamtlichen Aktivitäten teilzunehmen oder sich für Politik zu interessieren: „Kein Bock auf nix“ – dies ist dann häufig das Fazit über ein scheinbar auf allen Ebenen nachlasse

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REPORT


Wer kennt nicht das Klagen über die mangelnde Motivation des Nachwuchses, an ehrenamtlichen Aktivitäten teilzunehmen oder sich für Politik zu interessieren: „Kein Bock auf nix“ – dies ist dann häufig das Fazit über ein scheinbar auf allen Ebenen nachlassendes Engagement der nachwachsenden Generation. Aber eben nur scheinbar – denn Kinder und Jugendliche sind durchaus bereit sich zu engagieren. Verändert haben sich lediglich die Formen, die Jugendliche hierfür wählen. Sie stehen in einem engen Zusammenhang zu den veränderten Lebensbedingungen, in denen Kinder und Jugendliche heute aufwachsen, denn: Viele Kinder und Jugendliche sind heute ‚kleine Erwachsene‘. Sie müssen ihre eigenen sozialen Beziehungen organisieren, sie müssen ihre Schullaufbahn mit ihrer großen Bedeutung für die spätere Berufstätigkeit selbst in die Hand nehmen, sie müssen sich im Freizeit- und Medienbereich selbstständig bewegen und auch wirtschaftlich autonom handeln. Kinder und Jugendliche stehen zwar einem ‚Mehr‘ an Handlungsoptionen in allen Lebensbereichen gegenüber, im Bereich der Schule aber, der bedeutendsten Sozialisationsinstanz im Jugendalter, wird diese Entwicklung jedoch systematisch ausgeklammert. Soll, dies die These des vorliegenden Beitrags, einer sowohl aus politischer als auch aus pädagogischer und psychologischer Perspektive unerwünschten Entpolitisierung von Jugendlichen entgegen gewirkt und die Lernmotivation – und damit zusammenhängend auch die schulische Leistungsfähigkeit – von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden, so bedarf es dringend eines Beginns längst fälliger Reformen im Bereich schulischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 A. Gürlevik et al. (Hrsg.), Jugend und Politik, DOI 10.1007/978-3-658-09145-3_6

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Christian Palentien

Der Stellenwert der Schule

Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten verbringen Kinder und Jugendliche heute wesentlich mehr Zeit in Schulen. Gleichzeitig werden mehr höher qualifizierende Schulabschlüsse, wie z. B. das Abitur oder das Fachabitur, erworben (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010). Die Ausgangsbasis für diese Entwicklung der Veränderung des relativen Schulbesuchs kann jedoch keineswegs als neu bezeichnet werden. Sie hat ihren Anfang bereits in der Mitte der 1970er Jahre: ■









In der Mitte der 1970er Jahre fand eine Ungleichgewichtigkeit zwischen Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage statt, die eine stärkere Selektion von Auszubildenden durch die Arbeitgeber ermöglichte (Olk/Strikker 1991: S. 172). Der Arbeits- und Ausbildungsplatzmangel führte zu einer gesetzlichen Einführung schulischer Möglichkeiten der Berufsvorbereitung, die von Jugendlichen als ‚qualifizierende Warteschleife‘ genutzt wurden, die den gewünschten Ausbildungsplatz nach Beendigung ihrer Pflichtschulzeit nicht erhielten. Auf die wachsenden Qualifikationsnachfragen seitens der Eltern wie auch seitens des Arbeitsmarkts reagierte das Bildungssystem mit einer Verlängerung der Pflichtschulzeit und einem forcierten Ausbau weiterführender Schulen. El