Investitionen in Innovationssysteme: Griechenlands Ausweg aus der Krise

Die von der Troika (bestehend aus EU-Kommission, EZB und IWF) der griechischen Regierung in den letzten Jahren auferlegten Reformen haben in Griechenland zu einer erheblichen Reduzierung des laufenden Staatsdefizits (EU-Kommission 2013) und der Lohnstückk

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Alexander S. Kritikos und Anne Konrad

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Einleitung

Die von der Troika (bestehend aus EU-Kommission, EZB und IWF) der griechischen Regierung in den letzten Jahren auferlegten Reformen haben in Griechenland zu einer erheblichen Reduzierung des laufenden StaatsdeÀzits (EU-Kommission 2013) und der Lohnstückkosten geführt. Die Leistungsbilanz hat sich – vor allem wegen rückläuÀger Importe – verbessert. Der freie Fall des griechischen Bruttoinlandsprodukts könnte im Jahr 2014 ein Ende Ànden. Gleichzeitig hat das Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von bald 30 Prozent in den vergangenen sechs Jahren von der griechischen Bevölkerung einen harten Tribut gefordert. Die Arbeitslosenquote von aktuell 27 Prozent und die dramatisch hohe Jugendarbeitslosigkeit sind unmittelbare Folgen der Austeritätspolitik. Seither wurden zahlreiche wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen ausgesprochen, um Griechenland einen Ausweg aus der Krise aufzuzeigen: Neben dem „Grexit“, dem Austritt Griechenlands aus dem Euroraum, und institutionellen Reformen, reichen die Vorschläge von der Liberalisierung reglementierter Berufe, über weitere Lohnkürzungen bis hin zur Privatisierung staatlicher Wirtschaftsbereiche. Damit verbunden ist die implizite Vorstellung, dass „der Markt“ alles Weitere richten wird. Wie wir in diesem Beitrag zeigen, werden Kostensenkungen und institutionelle Reformen allein nicht ausreichen, um Griechenland an die führenden Euro-Länder ökonomisch anschlussfähig zu machen. Griechenland teilt sich, wenn wir an Länder mit ähnlicher Bevölkerungsgröße denken, einen Währungsraum mit Nationen wie Finnland, Belgien, Österreich oder der Niederlande. Diese Länder (und die größten Nationen im Euroraum wie A. Agridopoulos, I. Papagiannopoulos (Hrsg.), Griechenland im europäischen Kontext, Staat – Souveränität – Nation, DOI 10.1007/978-3-658-07240-7_4, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016

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Frankreich oder Deutschland natürlich auch) haben eines gemeinsam: Sie investieren seit langem systematisch 3 Prozent ihres BIP, und manche sogar mehr, in Forschung und Entwicklung (FuE) und damit in ihre Innovationssysteme. Und das passiert in erster Linie eben nicht über den Markt. Was fast noch wichtiger ist: Es gibt einen breiten politischen Konsens darüber, dass diese Investitionen von herausragender Bedeutung und somit unantastbar sind, unabhängig davon, welche Regierung das Land lenkt. Folge der Investitionen: Die Produktionsstruktur dieser Länder ist nicht nur kosten-, sondern auch innovationsgetrieben. Die Ökonomien dieser Länder entwickeln sich permanent weiter und sind vor allem aufgrund ihrer neuen Technologien und nicht nur aufgrund ihrer niedrigen Lohnkosten im Wettbewerb erfolgreich. Die Kunden auf den Weltmärkten haben die hohen Industrielöhne in diesen Ländern als Qualitätsprämie offensichtlich akzeptiert. Griechenland mangelt es hingegen an einer etablierten Industriestruktur sowie an einem funktionierenden Innovationssystem. In Griechenland gibt es zwar einige Spitzenforscher und vereinzelt