Kriminologischer Beitrag

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JOURNAL CLUB

Kriminologischer Beitrag „Werther-Effekt“ und „Bullycide“-Medienkonsum, Cybermobbing und Suizidalität von Kindern und Jugendlichen Marleen Gräber1 · Barbara Horten1 Eingegangen: 12. August 2020 / Angenommen: 27. August 2020 © Der/die Autor(en) 2020

Der vorliegende Beitrag beleuchtet den Zusammenhang zwischen dem Konsum und der Nutzung digitaler Medien und aggressivem und selbstschädigendem Verhalten von Kindern und Jugendlichen. Die Schädigung anderer Kinder und Jugendlicher durch TäterInnen in ähnlichem Alter mittels digitaler Medien wird unter den Begriffen des sog. Cybermobbing bzw. Cyberbullying. (nach dem engl. to bully: schikanieren) subsumiert, das in den letzten Jahren vermehrt auftritt. Back (2020) klassifiziert Cybermobbing, angelehnt an Smith et al. (2008), als „(...) aggressiver, intentionaler Akt, welcher von Gruppen oder Individuen wiederholt über längere Zeit gegen ein wehrloses Opfer durchgeführt wird, durch den Gebrauch elektronischer Formen der Kommunikation“ (Hervorhebungen im Original) (S. 61). Die schwerste Folge von Mobbing-Attacken besteht in dem Suizid des Opfers. Selbsttötungen unter Jugendlichen im Alter von 15 bis 20 Jahren sind nach dem Unfalltod die zweithäufigste Todesursache in dieser Altersgruppe (Radeloff et al. 2012, S. 263). Nach Back (2020), die sich auf Angaben der Centers for Disease Control und Prevention (2011) bezieht, sind Selbsttötungen in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen die dritthäufigste Todesursache. Das Statistische Bundesamt verzeichnete im Jahr 2018 13 Suizide in der Gruppe der 10bis 15-Jährigen (8 männlich und 5 weiblich) und 179 Suizide in der Gruppe der 15- bis 20-Jährigen (132 männlich und 47 weiblich) (Statistisches Bundesamt 2020).

Marleen Gräber, M.A. [email protected]  Barbara Horten, M.A.

[email protected] 1

Institut für Kriminologie, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Die Suizidalität von Minderjährigen stellt ein Tabuthema in der Gesellschaft dar. Der „Bullycide“ (Suizid aufgrund von Mobbing im Internet) sollte jedoch insbesondere vor dem Hintergrund des steigenden Einflusses digitaler Medien nicht unterschätzt werden. Digitale Medien besitzen für Kinder und Jugendliche einen hohen Stellenwert und nehmen erheblich auf deren Alltagsgestaltung Einfluss. Die Nutzung von Medien zum Zweck der Kommunikation oder der Informationsgewinnung erlangt auch im negativen Sinn zunehmend Bedeutung (Back 2020, S. 61). Studien belegen einen Zusammenhang zwischen vermehrtem Medienkonsum und einer erhöhten Beteiligung an Mobbing-Aktivitäten. Die Rolle digitaler Medien im Zusammenhang mit Mobbing ist unterschiedlich und besteht nicht allein aus dem Tatort und Tatmittel des Mobbings (S. 62). So kann der Konsum von gewalttätigen Serien- und Filmdarstellungen bei Kindern und Jugendlichen u. a. zu einer emotionalen Abstumpfung führen und auf lange Sicht zu einem Risikofaktor für die Entwicklung aggressiver Verhaltensweisen, einschließlich Mobbing-Aktivitäten, werden (S. 62 ff.). Außerdem können die darges