Platzeck, Matthias (2020). Wir brauchen eine neue Ostpolitik. Russland als Partner
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Platzeck, Matthias (2020). Wir brauchen eine neue Ostpolitik. Russland als Partner Berlin: Propyläen. 254 S., ISBN: 978-3549100141, C 22,-. Alena Epifanova
© Der/die Autor(en) 2020
Das Buch von Matthias Platzeck erscheint dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung; für ihn Anlass, seine ostdeutsche Perspektive auf das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten deutlich zu machen. Auch erscheint das Buch genau 50 Jahre nach Unterzeichnung des Moskauer Vertrags, der den Weg in die Ostpolitik Willy Brandts bahnte. Angesichts der nach wie vor angespannten deutsch-russischen Beziehungen empfiehlt Platzeck, die damals erprobten Ansätze erneut anzuwenden. In den ersten drei Kapiteln schildert der Autor seine persönlichen Erinnerungen an das geteilte Deutschland, die Wendezeit, die Hoffnungen und enttäuschten Erwartungen an die Wiedervereinigung. Seine größte Enttäuschung ist dabei der Westen, in dem die umfangreichen Umwälzungen kein Echo hervorriefen. Während der Osten sich rasch verändern musste, blieb der Westen unberührt, so Platzeck. Die heutige Frustration, die er bei den Ostdeutschen registriert, seien Folgen fehlender Wertschätzung sowie einer Missachtung für das „Selbstwertgefühl der Ostdeutschen“ (S. 69). Platzeck plädiert für einen sensiblen Umgang mit den ostdeutschen Erfahrungen und ein genaueres Zuhören. Viele ehemalige DDR-Bürger*innen litten immer noch unter biographischen Wunden des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Es müsse ein Ost-West-Dialog stattfinden, in dem auch die ostdeutsche Erinnerung über die Wende erzählt und die Lebensleistungen der Ostdeutschen gewürdigt werden (S. 73). Nicht nur zwischen Ost- und Westdeutschland müsse Dialog stattfinden, sondern auch im internationalen Maßstab zwischen Ost und West, plädiert der Autor. Er ist überzeugt: Vor allem wegen der divergent narratives, der unterschiedlichen Erzählungen und Wahrnehmungen, gebe es viele Missverständnisse. Die ostdeutschen A. Epifanova () Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Rauchstraße 17/18, 10787 Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected]
K
A. Epifanova
Erfahrungen der Umbruchszeit ließen sich nutzen, um auch den internationalen OstWest-Antagonismus zu verstehen. Wie die DDR habe Russland „dramatische Erfahrungen“ mit Reformen (S. 75) gemacht, die im Westen nicht gehört und in den „weitreichenden Konsequenzen“ nicht verstanden worden seien. Immer wieder geht es Platzeck um Gefühle und Wahrnehmungen. Sie stehen im Vordergrund des Buches und sind entscheidend bei der Einordnung von Konfrontationen: Wenn es um den Osten, bzw. Russland geht, dann sei das politische Handeln durch Gefühle von Demütigung zu erklären. Der Westen hingegen handele aus dem Gefühl zivilisatorischer und moralischer Überlegenheit heraus. Zweifellos spielen auch emotionale und kulturelle Aspekte eine Rolle, jedoch wird dieser Ansatz der Komplexität der innen- und außenpolitischen Entwicklungen nicht gerecht: weder in Russland noch in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und im Westen. Zudem trägt er kaum zur Versachlichung der ohnehin
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