Ethische Fragen zum Kindeswohl: Gelingen und Misslingen von Entwicklung

  • PDF / 284,100 Bytes
  • 4 Pages / 595.407 x 842.075 pts (A4) Page_size
  • 84 Downloads / 198 Views

DOWNLOAD

REPORT


tthias Beck Katholisch-theologische Fakultät, Institut für Systematische Theologie und Ethik, Theologische Ethik, Forschungsschwerpunkt Medizinethik, Universität Wien, Wien, Österreich

Ethische Fragen zum Kindeswohl: Gelingen und Misslingen von Entwicklung Kindeswohl Der Begriff des Kindeswohls ist schwer definierbar. Einige Zeit hat die österreichische Bioethikkommission, deren Mitglied ich bin, über das Kindeswohl diskutiert, und zwar anlässlich der immer weiter fortschreitenden Möglichkeiten der In-vitro-Fertilisation mit der Möglichkeit der Eizellspende, der Kinder für lesbische Paare und der Präimplantationsdiagnostik. In diesem Beitrag soll es mehr um das Kindeswohl im Hinblick auf die Erziehung, Bildung und die Bedürfnisse des heranwachsenden Kindes gehen. Was die Erziehung angeht, so sind unter anderem die Bücher von Astrid Lindgren zu erwähnen. Ihre Bücher wurden 1949 zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt. In ihnen ging es unter anderem darum, festzuhalten, dass Kinder damals eher klein gehalten und auch mit Schlägen und Gewalt „dressiert“ wurden. Lindgren sagt – festgemacht an Pippi Langtrumpf und dem „entfesselten Kind“ –, dass das Kind sich frei entwickeln können müsse. In dieser Zeit begann das Ende der Gewalt in der Kindererziehung. Das heißt nicht, dass Kinder alles dürfen, wenn keine Gewalt mehr angewendet wird. Aber man hat angefangen, sich Gedanken zu machen über das körperliche, seelische und geistige Wohl der Kinder. Das Wohl der Kinder hat auch mit dem Begriff der Menschenwürde zu tun. Die Menschenwürde gilt für alle Menschen. Aber sie ist insbesondere für Kinder wichtig, da diese besonderes vulnerabel sind. Der Menschenwürdebegriff wurde 1949 festgeschrieben im Artikel 1

S58

Pädiatrie & Pädologie · Suppl 2 · 2020

des Deutschen Grundgesetzes und später in der Grundrechtecharta des Europäischen Vertrags von Lissabon. Aus ihm folgt das Recht auf Leben und körperliche sowie geistige Unversehrtheit. Auch in die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen wurde 1989 hineingeschrieben, dass das Kindeswohl Vorrang haben muss gegenüber anderen Interessen. Es gibt ein Diskriminierungsverbot von Kindern aufgrund von Rasse, Herkunft, Religion, genetischer Ausstattung sowie das Recht auf Leben, Entwicklung und Gesundheit. Ferner gibt es ein Partizipationsrecht, das darauf abzielt, Kinder ernst zu nehmen und sie je nach Alter und Einsichtsfähigkeit in Entscheidungen einzubeziehen und ihre Stimme zu hören. Ferner gibt es ein Recht auf Namen und Staatszugehörigkeit, Recht auf Bildung und Ausbildung, Freizeit, Spiel und Erholung, das Recht sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört zu werden und sich zu versammeln. Weiterhin gibt es ein Recht auf Privatsphäre und gewaltfreie Erziehung im Sinn der Gleichberechtigung. Schließlich gibt es ein Recht auf Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause inklusive ein Recht auf Betreuung bei Behinderung.1 Das Kindeswohl ist immer wieder gefährdet durch schlechte soziale Umfelder, durch seelische und körperliche Gewalt, aber auch durch fehlende Zeit im Umgang