Gattungsgeschichte als transnationale Funktionsgeschichte literarisch-sozialer Institutionen
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Gattungsgeschichte als transnationale Funktionsgeschichte literarisch-sozialer Institutionen Ein Problemaufriss mit Blick auf den Bildungsroman Marcus Twellmann
Online publiziert: 6. August 2020 © Der/die Autor(en) 2020
Zusammenfassung Der germanistische Ansatz einer Funktionsgeschichte literarisch-sozialer Institutionen ist im Zuge der transnationalen Wende der Literaturwissenschaften zu revidieren. Das Problem wird am Beispiel der Gattung »Bildungsroman« aufgezeigt, deren Entstehung vielfach als eine nationale Sonderentwicklung angesehen wird. Dagegen mehren sich neuerdings Hinweise auf die starke transnationale Verbreitung einer offenbar doch reisenden Form. Wie ließe der Prozess einer national und kulturell grenzüberschreitenden Bewegung sich funktionsgeschichtlich beschreiben?
The history of genres as a transnational functional history of literary and social institutions A sketch for the issues with a view on the Bildungsroman Abstract A functional-historical approach that considers literary genres as social institutions has been developed and fruitfully applied in German Studies. The current transnational turn in Literary Studies requires this approach to be revised. The Bildungsroman genre is a distinguished example, as it is widely held to be a national particularity. Recently, though the genre’s transnational spread has been pointed out. Obviously, we are dealing with a traveling form. How can we describe its movement across national and cultural boundaries, using a revised functional-historical approach?
M. Twellmann () Freie Universität Berlin, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected]
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M. Twellmann
I. Das Konzept der »Institution« wird von Vertretern der erstzuständigen Gesellschaftswissenschaft zu den »zentral wichtigen, aber nach wie vor nicht eindeutig geklärten Konzepten«1 gezählt. Verschiedene Definitionsversuche »umreißen«, so muss das Lexikon Grundbegriffe der Soziologie auch in der jüngsten Auflage berichten, »ein heterogenes Feld, ohne dass sich dabei eine allgemeinverbindliche Kennzeichnung durchgesetzt hätte«.2 Im Folgenden soll dieser Begriff mit einem zweiten, ebenso unbestimmten verbunden werden. Man zählt den Funktionsbegriff nämlich »zu den meistgebrauchten, vieldeutigsten und zumeist nur vage oder gar nicht definierten Grundbegriffen der Literaturwissenschaft, der sich je nach Ansatz und Kontext auf ganz unterschiedliche Phänomene beziehen kann«.3 Was könnte die Verbindung dieser Grundbegriffe erbringen? Eine nähere Bestimmung beider, die sie für literarhistorische Studien geeignet macht. Nun liegt eine Theorie der Literaturgeschichte als Funktionsgeschichte von Institutionen bereits vor. Wilhelm Voßkamp hat sie seit den mittleren 1970er Jahren in einer Reihe von Aufsätzen entwickelt. Und so versteht der vorliegende Beitrag sich als eine zunächst theoriegeschichtliche Sichtung und Reflexion. Sie muss Implikationen in einiger Ausführlichkeit entfalten, um im Lichte einer neueren Problem- und Aufgabenstellung, dazu gleich, nicht au
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