Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Drogen und Sucht

Der Beitrag setzt sich mit dem gegenwärtig vorherrschenden Verständnis von Drogenkonsum und Sucht auseinander. Das entsprechende medizinisch-naturwissenschaftliche Denken wird als historisch etablierte, partikulare Sicht identifiziert. Sie wurde in den le

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REPORT


Inhalt 1 Drogenkonsum als soziale und kulturelle Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 Sucht als historisch und kulturell wandelbares Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3 Sucht als kulturelle Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 4 Fazit: Doing drugs, doing addiction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Zusammenfassung

Der Beitrag setzt sich mit dem gegenwärtig vorherrschenden Verständnis von Drogenkonsum und Sucht auseinander. Das entsprechende medizinischnaturwissenschaftliche Denken wird als historisch etablierte, partikulare Sicht identifiziert. Sie wurde in den letzten Jahren diskursiv durchgesetzt und auf zahlreiche Verhaltens- und Erlebnisformen ausgeweitet. Gegen€ubergestellt wird ihr eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf Drogenkonsum als soziale, interpretative Praxis. Sie verbindet sich mit „Sucht“ als einer Deutung, die ,störende‘ Verhaltensformen medikalisiert und präventiv zu bearbeiten sucht. Schlüsselwörter

Sucht • Medikalisierung • Pathologisierung • Leerer Signifikant • Performanz • Drug-Set-und -Setting-Theorie • Mythos Abhängigkeit • Drogenkonsum

H. Schmidt-Semisch (*) Universität Bremen, Bremen, Deutschland E-Mail: [email protected] B. Dollinger (*) Universität Siegen, Siegen, Deutschland E-Mail: [email protected] # Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 M. von Heyden et al. (Hrsg.), Handbuch Psychoaktive Substanzen, Springer Reference Psychologie, DOI 10.1007/978-3-642-55214-4_58-1

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H. Schmidt-Semisch und B. Dollinger

Die sozialwissenschaftliche Sucht- und Drogenforschung stimmt weitgehend darin € uberein, dass Drogenkonsum sowie seine individuellen und sozialen (Aus-)Wirkungen im Wesentlichen durch drei Variablen beeinflusst werden, nämlich durch „Drug, Set and Setting“ (Zinberg 1984): a) Drug bezeichnet dabei die Art der jeweiligen Substanz sowie ihre Applikationsart, -dosis, und -frequenz; b) Set steht f€ur die individuelle biologische, psychische und soziale Ausstattung sowie Konstitution des jeweiligen Konsumierenden; c) Setting verweist auf den sozialen Kontext des Drogenkonsums, und zwar sowohl auf der situationsspezifischen wie auch der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Ebene. Dabei sind diese Variablen nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern beeinflussen sich in vielfältiger Art und Weise wechselseitig: So hängt die Drogenwirkung nicht allein an der konsumierten Substanz, sie wird vielmehr auch durch das Set, etwa bestimmte Erwartungen oder Ängste des Konsumierenden, beeinflusst, die wiederum durch das Setting vorgeprägt sind usw. Diese wenigen