Soziologie des Konflikts
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Soziologie des Konflikts Miriam Tekath
© Der/die Autor(en) 2020
Mayer, Lotta: Konfliktdynamiken – Kriegsdynamiken. Zur Konstitution und Eskalation innergesellschaftlicher Konflikte. Bielefeld: transcript Verlag 2019. 490 Seiten. ISBN: 978-3-8376-4646-7. Preis: C 49,99.
Gewaltsame und kriegerische Auseinandersetzungen basieren auf sozialem Handeln. Nichtsdestotrotz wird ihre politikwissenschaftliche Untersuchung häufig von einem makroanalytischen Fokus auf zwischenstaatliche Beziehungen oder strukturelle Kriegsursachen dominiert. Soziologische Analysen, die für das Verstehen der sozialen Einbettung von Konflikten prädestiniert wären, verschieben hingegen Gewaltphänomene entweder als Anomie in einen außersozialen Raum oder ignorieren die ihnen zugrunde liegenden Konfliktstrukturen. Demnach werden hochgewaltvolle Auseinandersetzungen als spezifische Austragungsform sozialer Konflikte entweder gar nicht erst thematisiert oder bleiben voneinander getrennten Mikro- oder Makroanalysen verhaftet. An eben dieser Lücke setzt Lotta Mayer mit ihrer Forschung an. Indem sie gewaltfrei ausgetragene Konflikte sowie Kriege als auf sinnstiftenden Handlungen aufbauende Interaktionsprozesse betrachtet, hebt sie die analytische Trennung zwischen Kriegen und Konflikten auf, betont ihre prozessuale Verbindung und führt das Phänomen hochgewaltsamer Konfliktaustragung zurück in die soziale Welt. Auf dieser Basis entwickelt sie einen symbolisch-interaktionistischen Analyserahmen der Eskalationsdynamiken sozialer Konflikte. Im ersten Teil des Buches legt Mayer den theoretischen Grundstein ihres Analyserahmens, indem sie zentrale Aspekte von Blumers symbolischem Interaktionismus hinsichtlich ihrer konflikttheoretischen Passung modifiziert. Der Prozess der M. Tekath () Zentrum für Konfliktforschung, Philipps-Universität Marburg Ketzerbach 11, 35032 Marburg, Deutschland E-Mail: [email protected]
K
M. Tekath
Handlungskonstruktion auf Basis von interpretierten Bedeutungen und Situationsdefinitionen, welche wiederum dem Einfluss der Handlungen unterliegen, dient als Grundlage für die Betrachtung von Interaktionen zwischen Gruppen. Dieser Fokus auf die kollektive Handlungsebene ermöglicht auch den Brückenschlag zwischen der Mikro- und Makroebene von Konfliktdynamiken: Die Orientierung kollektiver Handlungen an sozialen Ordnungen und die gleichzeitige Gestaltung derselbigen führt Ordnungsstrukturen in die Interaktionen selbst zurück. In dieser Hinsicht können auch Kriege als soziale Ordnung konstituierend verstanden werden, auch wenn diese in ihren Dynamiken nicht notwendigerweise intendiert sind. Neben dieser Grundlegung erweitert Mayer zum einen Blumers harmonistische Konzeption von handlungsleitenden geteilten Bedeutungen um die Existenz divergierender Bedeutungen, welche schließlich auch den definitorischen Kern ihres Konfliktbegriffs ausmachen. Auf diese Weise können Interaktionen nicht nur in Form kooperativen gemeinsamen Handelns, sondern auch in ihrer konfrontativen Ausprägung konzipiert werden. Zum anderen betont sie neben
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