Sparen und Investieren im 21. Jahrhundert: Das Ende der Kapitalknappheit
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DOI: 10.1007/s10273-020-2711-6
Carl Christian von Weizsäcker, Hagen Krämer
Sparen und Investieren im 21. Jahrhundert: Das Ende der Kapitalknappheit Bereits seit längerer Zeit bewegen sich die Realzinsen (Nominalzinsen abzüglich Inflationsrate) in zahlreichen Ländern im Bereich von 0 %. Dafür machen viele die Europäische Zentralbank (EZB) und die von ihr verfolgte expansive Geldpolitik verantwortlich. Diese Kritik an der EZB ist jedoch ungerechtfertigt, da die Null-Zinsen auf fundamentale Faktoren auf dem Kapitalmarkt zurückgeführt werden können. In unserem Buch (v. Weizsäcker und Krämer, 2019) kommen wir zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei nicht um ein temporäres Phänomen handelt, sondern dass es strukturelle Ursachen gibt, die das Angebot an und die Nachfrage nach Kapital bestimmen. Unsere Analyse zeigt, dass Kapital im 21. Jahrhundert nicht länger knapp und dass der natürliche Zins negativ ist. Diese Erkenntnisse erfordern sowohl ein andersartiges makroökonomisches Denken als auch andere wirtschaftspolitische Maßnahmen als bisher.
zur Produktionsperiode T für den Produktionssektor der Volkswirtschaft haben wir für den Sektor der privaten Haushalte die „Warteperiode“ Z entwickelt. Sie ist ebenfalls eine Zeitgröße. Unter der Warteperiode verstehen wir den in Gegenwartswerten ausgedrückten durchschnittlichen zeitlichen Vorlauf der Arbeits- und Bodenentlohnungen vor den mit ihnen finanzierten Konsumausgaben. In der Zwischenzeit werden diese Entlohnungen gespart. Daher sind die kumulierten Ersparnisse aller privaten Haushalte proportional zu dieser durchschnittlichen Warteperiode. Im Normalfall eines privaten Haushalts ist die Warteperiode positiv. Daher ist auch die volkswirtschaftliche private Warteperiode Z positiv. Schließlich gibt es in unserem Denkansatz noch den Vermögenswert des Bodens. Auch diesen können wir auf den volkswirtschaftlichen Konsum beziehen. Die entsprechende „Bodenperiode“ bezeichnen wir mit L.
Für unsere Untersuchung haben wir auf die in der ökonomischen Wachstums- und Kapitaltheorie bewährte Methode der Steady-State-Analyse zurückgegriffen, die eine lange Tradition in der ökonomischen Theorie hat und bereits von Adam Smith (1776) angewandt wurde. Auf der Grundlage einer Steady-State-Analyse ist es möglich, säkulare Trends zu erkennen. Wir konzentrieren uns auf reale ökonomische Größen. Eine monetäre Analyse ist für unsere Fragestellung weder erforderlich noch sinnvoll. Wir nutzen einen vom bedeutenden österreichischen Ökonomen Eugen von Böhm-Bawerk (1889) Ende des 19. Jahrhunderts in die Literatur eingeführten Zeitbegriff: die „Produktionsperiode“ (T). Hierunter versteht man den durchschnittlichen zeitlichen Abstand zwischen dem ursprünglichen Input (Arbeit und Boden) und dem letztendlichen Output (Konsumgüter). Ihr entspricht approximativ der Kapitalkoeffizient, der hier als das Verhältnis zwischen dem privatwirtschaftlichen Kapitalbestand und dem jährlichen Konsum definiert ist. Dieser ist empirisch leicht zu ermitteln. Einer arbeitsteiligen, durch den massiven Einsatz von Kapitalgütern gek
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