Zur Selbstdefinition der Polizei

Der Polizist, dem durch den Apparat aufgetragen ist, ,,Amtshandlungen” durchzuführen, versucht, durch Rekurs auf die vorgegebenen, nicht problematisierten Normen, seine Handlungsstrategien zu rechtfertigen. Dadurch erhält er auch seine Identität. Diese Id

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REPORT


5.1 Die Identität des Polizisten und ihre Problematik Der Polizist, dem durch den Apparat aufgetragen ist, "Amtshandlungen" durchzuführen, versucht, durch Rekurs auf die vorgegebenen, nicht problematisierten Normen, seine Handlungsstrategien zu rechtfertigen. Dadurch erhält er auch seine Identität. Diese Identität ist aber auch abhängig von der Einschätzung des Polizisten durch die Personen, mit denen er in Kontakt steht (s. u, Kap. 5 und 8). Der Polizist kann nun in seinen Interaktionen mit einer anderen Identität als derjenigen, die seiner Selbstinterpretation entspricht, konfrontiert werden. So erzählte mir ein Sicherheitswachbeamter, mit dem ich einige Tage im Wachzimmer verbrachte, daß die "Leute denken, der Polizist als kleiner Mann wolle seine Macht zeigen, sie sehen aber nicht, daß er nur seine Pflicht tue". Der Vorstellung von der unbedingten Legitimität polizeilichen Handelns steht also die oft von Polizisten formulierte Meinung gegenüber, Passanten - besonders solche, die eigenes strafbares Verhalten zu verdecken suchen - würden dem Polizisten Intentionen unterstellen, die nicht durch die Rechtsnorm, sondern durch andere Kategorien, z. B. durch "Machtdenken" bestimmt sind. Ein Polizist meinte jedoch, daß für junge Kollegen in der ihnen übertragenen Macht eine gewisse Problematik bestehe, denn es bedürfe eines Reifungsprozesses, um dosiert mit der Macht umgehen zu können. Ein anderer Sicherheitswachbeamter stimmte dem im wesentlichen zu, erklärte aber, daß es "früher schön war, Polizist zu sein, man hat noch Respekt vor diesem gehabt", was sich besonders bei Betreten eines übel beleumundeten Lokals zeigte. Heute dagegen würden die Leute Witze machen und über die Polizisten lachen. Auch wenn bei Fischer-Kowalsky (1975) festgestellt wird, daß die Wiener Bevölkerung die Tätigkeit des Polizisten höher bewertet, als er es selbst annimmt, so ist dem entgegenzuhalten, daß für das jeweilige Handeln die einzelnen sozialen Situationen verantwortlich sind. Es scheint vielmehr so zu sein, daß man grundsätzlich den Polizeiberuf als positiv definiert, was aber nicht verhindert, daß bei direktem Kontakt jene hier beklagten Ressentiments gegenüber dem Polizisten manifest werden. In diesem Zusammenhang meinte ein Beamter, es sei für die heutige Zeit "typisch", daß der Beschuldigte bei Vernehmungen durch das Gesetz mehr geschützt sei als der Beamte. Die einzige Chance für den Vernehmenden besteht darin, daß er peinlich genau Protokolle führe, um so den "Verbrecher" zu "fangen". Der Polizist definiert also seine gegenwärtige Beziehung zum "Verbrecher" bzw. zu den Passanten als für ihn ungünstig, da nach seiner Meinung die gesetzlichen Mittel ihn in seinem polizeilichen Handeln determinieren.

46 R. Girtler, Polizei-Alltag © Springer Fachmedien Wiesbaden 1980

Die von Polizisten registrierte mangelnde Einsicht der Bevölkerung in die Tätigkeit des Polizisten, die zumeist nur negativ sanktioniert wird, führt bisweilen zu inadäquaten Reaktionen. Ähnliches stellt Hinz für die bundesdeutsche Polizei fest. Er meint, daß bei Poliz