Zwei Kritiken des Populismus

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REPORT


Zwei Kritiken des Populismus Floris Biskamp

© Der/die Autor(en) 2020

Möller, Kolja (2020): Volksaufstand & Katzenjammer. Zur Geschichte des Populismus. Berlin: Wagenbach. 160 Seiten. 18 C Fassin, Eric (2019): Revolte oder Ressentiment. Über den Populismus. Köln: August. 126 Seiten. 12 C Mit Kolja Möllers „Volksaufstand und Katzenjammer“ sowie Eric Fassins „Revolte oder Ressentiment“ liegen zwei weitere kurze Bände von Sozialwissenschaftlern vor, die sich mit Fragen des Populismus und der politischen Strategiebildung – vor allem für die politische Linke – auseinandersetzen. Beide Autoren verstehen ihre Bücher in je anderem Sinne als Kritiken des Populismus: Möller legt sein Buch als immanente Kritik an, in der er die Ansprüche, Widersprüche, Potenziale und Grenzen des Populismus auslotet; Fassin dagegen formuliert eine dezidierte Ablehnung des Populismus. Möllers Buch ist mit knapp 120 Seiten Text relativ dünn, aber doch als historisch weit ausgreifende dialektische Auseinandersetzung mit Begriff und Gegenstand des Populismus angelegt. Der Politikwissenschaftler beginnt seine Darstellung mit dem römischen Volksaufstand aus dem Jahr 1347, in dem das grundlegende Muster von Aufstand und Populismus deutlich werde: Auf Triumph und Euphorie bei der Vertreibung der aristokratischen Eliten aus der Stadt folgten innerhalb weniger Monate erst das Abgleiten der neuen Regierung in selbstherrlichen Autoritarismus und dann das schmähliche Scheitern unter äußerem Druck – „Katzenjammer“ (S. 30) eben. Daraufhin springt der Autor ins 19. Jahrhundert, in dem die Frage des Aufstandes intensiv diskutiert wurde. Zentral für das Buch sind drei verbreitete „Fehler“ (S. 39) F. Biskamp () Promotionskolleg Rechtspopulistische Sozialpolitik und exkludierende Solidarität, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland E-Mail: [email protected]

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F. Biskamp

von Volksaufständen, deren Kritik Möller aus Texten von Friedrich Engels und Karl Marx destilliert: der „voluntaristische Fehler“ (S. 39), der „identitäre Fehler“ (S. 44) und der „autoritäre Fehler“ (S. 48). Voluntarismus liege vor, wenn die Bedingung für einen Erfolg des Aufstands allein in der politischen Willenskraft der Aufständischen gesehen werde, die sozialen und ökonomischen Bedingungen aber ausgeblendet blieben. Den identitären Fehler begehe, wer dem aufständischen „Volk“ eine identitäre Substanz zuschreibe – sei es in Form von Arbeitsfetisch oder in Form von Nationalismus. Zum autoritären Fehler komme es, wenn der Wille des Volkes mit der Herrschaft eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe identifiziert werde. Während der Voluntarismus dazu verleite, zum Scheitern verurteilte Aufstände anzuzetteln, verursachten identitärer und autoritärer Fehler eine Degeneration des Aufstands – in den Katzenjammer führten alle drei Wege. Während der Aufstand bis ins 19. Jahrhundert hinein als politischer Umsturz gedacht worden sei, hätten sich die Bedingungen mit der Einführung der parlamentarischen Demokratie und des zunehmend allgemeinen Wahlrechts verändert. Zw