20 Jahre EU-Antidiskriminierungsrecht

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20 Jahre EU-Antidiskriminierungsrecht Daniel Gärtner1

© Europäische Rechtsakademie (ERA) 2020

Mit der Verabschiedung der beiden Antidiskriminierungsrichtlinien auf der Grundlage von Artikel 13 EGV im Jahr 2000 begann mit dem Start in das neue Jahrtausend auf europäischer Ebene eine neue Ära des rechtlichen Schutzes des Einzelnen vor Diskriminierung. Richtlinie 2000/43/EG1 (die Antirassismusrichtlinie) verbietet alle Formen der Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Richtlinie 2000/78/EG2 (die Rahmenrichtlinie Beschäftigung) verbietet alle Formen der Diskriminierung aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters und der sexuellen Ausrichtung. Der Schutzbereich der beiden Richtlinien ist allerdings unterschiedlich: Richtlinie 2000/78/EG deckt lediglich die Bereiche Beschäftigung und Beruf ab (Artikel 3 RL 2000/78/EG), während der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43/EG viel weiter gefasst ist und neben Beschäftigung und Beruf auch den Sozialschutz einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen, die Bildung sowie den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum, umfasst (Artikel 3 RL 2000/43/EG). Seit ihrer Verabschiedung wurden Versuche unternommen, den Anwendungsbereich dieser beiden Richtlinien anzugleichen. Am 2. Juli 2008 schlug die Europäi1 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft; ABl. L 180, 19.7.2000, S. 22–26. 2 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für

die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf; ABl. L 303, 2.12.2000, S. 16–22.

B D. Gärtner

[email protected]

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Projektleiter, ERA Europäische Rechtsakademie, Trier, Deutschland

D. Gärtner

sche Kommission eine Richtlinie vor, die Diskriminierung aus Gründen des Alters, einer Behinderung, der Religion oder Weltanschauung und der sexuellen Ausrichtung in allen Zuständigkeitsbereichen der EU verbietet.3 Allerdings konnte bislang keine Einigkeit über diesen Vorschlag erzielt werden und er wird weiterhin von mehreren EU-Ländern blockiert. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) spielte bei der Entwicklung dieses Bereichs des EU-Rechts eine entscheidende Rolle. In seiner Rechtsprechung hat der EuGH die Richtlinien immer wieder interpretiert und damit für eine Klärung verschiedener offener Fragen gesorgt. Einige der wichtigsten Urteile, die der EuGH in den letzten 20 Jahren gefällt hat, befassten sich mit den folgenden Fragestellungen: Unmittelbare Diskriminierung ohne identifizierbares Opfer Am 10. Juli 2008 fällte der Europäische Gerichtshof das Urteil in der Rechtssache C − 54/07 Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding gegen Firma Feryn NY und beschäftigte sich darin mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der unmittelbaren Diskriminier