Auswirkungen der Globalisierung auf Sozialstruktur und Lebensstile
Erst seit den 1980er Jahren wird der Begriff Globalisierung häufiger benutzt. Er ist nur dann aussagekräftig, wenn er heutige Spezifika globaler Vernetzung und Abhängigkeit deutlich macht. Weltweite Handelsbeziehungen gab es bereits in der Antike, z. B. L
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Globalisierung: ein sich beschleunigender Prozess
Erst seit den 1980er Jahren wird der Begriff Globalisierung häufiger benutzt. Er ist nur dann aussagekräftig, wenn er heutige Spezifika globaler Vernetzung und Ab hängigkeit deutlich macht. Weltweite Handelsbeziehungen gab es bereits in der Antike, z. B. Luxuswaren aus Arabien und Indien und Seidenwaren aus China auf römischen Märkten, worauf schon der Historiker Theodor Mommsen (1817 – 1903) in seiner „Römischen Geschichte“ hinwies (Mommsen 1976, Bd. 7: 297 ff.). Seit Beginn der Kolonialzeit, Ende des 15. Jahrhunderts, verdichteten sich die weltweiten Handelsbeziehungen unter Einschluss von Afrika, Nord- und Südame rika und den Inselgruppen des asiatischen Festlandes, dem heutigen Indonesien und den Philippinen. Erinnert sei an den bekannten Ausspruch von Kaiser Karl V. zu Beginn des 16. Jahrhunderts, dass in seinem Reich die Sonne nicht untergehe (vgl. zu Prozessen frühneuzeitlicher Kolonialisierung und Kapitalisierung Waller stein 1989, Osterhammel 2005; über Epochen und Dimensionen der Globalisie rung vgl. Osterhammel/Petersson 2007). Es gibt kaum eine präzisere und frühere Analyse dieser ersten Stufe der Globa lisierung unter den Vorzeichen des Kapitalismus als das von Karl Marx und Fried rich Engels im Jahr 1848 veröffentlichte „Manifest der Kommunistischen Partei“ (vgl. die Zitate auf S. 43). Das Besondere der Globalisierung seit Beginn der digi talen Revolution ist neben anderen in folgenden Punkten zu sehen: ■■ Zunahme transnationaler Unternehmen, Investitions- und Finanzaktivitäten. ■■ Weltumspannende Kommunikationen und Informationsnetze. ■■ Digitale Steuerung von Produktionsprozessen, die die globalen Zeitverschie bungen ausnutzen. ■■ Ausweitung des weltweiten Verstädterungsprozesses. © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 B. Schäfers, Sozialgeschichte der Soziologie, DOI 10.1007/978-3-658-12420-5_14
XIV
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Auswirkungen der Globalisierung auf Sozialstruktur und Lebensstile
Die Globalisierung beeinflusst nicht nur die nationalen und internationalen Po litiken in erheblichem Umfang, sondern auch die Lebensstile auf allen Gebieten. Produktion und Konsumtion, Information und Kultur, Bildung und Wissenschaft, Religion und Wertsysteme, Freizeit und Tourismus werden von Globalisierungs prozessen beeinflusst. Ein Aspekt im Globalisierungsprozess verdient besondere Erwähnung: die Er fahrungen in der Begegnung und im Umgang mit Menschen fremder Ethnien und Religionen. In Deutschland hat inzwischen jeder fünfte Einwohner einen Migra tionshintergrund; acht Prozent der Bevölkerung sind Ausländer. Das Fernsehen liefert täglich Bilder aus allen Erdteilen. Millionen von deutschen Touristen sind in der ganzen Welt unterwegs und ausländische Touristen beleben in Deutsch land das Straßenbild. Die Massenflucht aus zerstörten Ländern wie Syrien, dem Irak und in Nordafrika, die seit September 2015 über eine Million Menschen nach Deutschland brachte, wird die genannten Relationen stark verändern.
II
Zur Empirie der Globalisierung (unter Mitarbeit von
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