Soziale und psychosoziale Auswirkungen der Adipositas: Gewichtsbezogene Stigmatisierung und Diskriminierung
Die Adipositas betrifft nicht nur besonders Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status, sie zieht zugleich auch soziale und psychosoziale Beeinträch tigungen nach sich. So sehen sich adipöse Menschen in vielen wichtigen Lebensbereichen Stigmati
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Gewichtsbezogene Stigmatisierung und Diskriminierung bei Adipositas – 288
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Gewichtsbezogene Stigmatisierung und Diskriminierung bei Adipositas
Die Adipositas betrifft fft nicht nur besonders Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status, sie zieht zugleich auch soziale und psychosoziale Beeinträchtigungen nach sich. So sehen sich adipöse Menschen in vielen wichtigen Lebensbereichen Stigmatisierung und sozialer Diskriminierung ausgesetzt. ! Ein soziales Stigma ist eine Eigenschaft, die einen Menschen als abweichend, auff ffällig oder beeinträchtigt erscheinen lässt. Stigmatisierende Einstellungen gegenüber adipösen Menschen beinhalten Zuschreibungen solch negativer Bewertungen aufgrund des Übergewichts. Wird adipösen Menschen aufgrund ihres Übergewichts die für sie erforderliche Gleichbehandlung verweigert, spricht man von gewichtsbezogener Diskriminierung.
Stigmatisierende Einstellungen, die adipöse Menschen etwa als faul, willensschwach, undiszipliniert, hässlich und emotional gestört kennzeichnen, sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Sie stehen im Kontext von Verantwortlichkeitsüberzeugungen und einer kulturellen Abwertung von Fettleibigkeit. Besonders häufi fig treten stigmatisierende Einstellungen gegenüber adipösen Menschen bei Män-
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Psychosoziale Auswirkungen gewichtsbezogener Stigmatisierung und Diskriminierung – 290
nern, älteren Personen und Personen mit geringerem Bildungsstand auf. Sie sind jedoch unabhängig vom Body-Mass-Index (BMI, kg/m2) der Befragten. Definition Theoretische Einordnung des Adipositasstigmas: Die Attributionstheorie Theoretisch werden Reaktionen auf Stigmata wie die Adipositas oftmals unter Rückgriff ff auf die Attributionstheorie erklärt. Die Attributionstheorie besagt, dass je mehr ein Stigma auf internale, kontrollierbare Ursachen attribuiert wird, desto stärker negative Reaktionen darauf sind. Ideologien des Individualismus oder politischen Konservatismus sind maßgeblicher Hintergrund für diese Attributionsmuster.
Gewichtsbezogene Diskriminierungserfahrungen sind häufi fige Erfahrungen adipöser Menschen in Lebensbereichen wie dem Arbeitsplatz, im Gesundheitswesen, in der Schule sowie in persönlichen Beziehungen. Diskriminierungserfahrungen innerhalb von nahen Beziehungen wie Partnerschaft, ft Familie oder Freundschaft ften, die beispielsweise in negativen Kommentaren über Figur und Gewicht bestehen können, werden als besonders einschneidend erlebt. Je schwerer die Adipositas, desto häufiger sind gewichtsbezogene Diskriminierungserfahrungen. Nicht eindeutig ist die Ergebnislage,
46.1 Gewichtsbezogene Stigmatisierung und Diskriminierung bei Adipositas
ob adipöse Frauen insgesamt mehr von gewichtsbezogener Diskriminierung betroffen ff sind als adipöse Männer; bereichsspezifisch fi scheinen stärkere Benachteiligungen adipöser Frauen vorzuliegen. Zahlreiche Studien dokumentieren Benachteiligungen adipöser Erwachsener im Berufsleben. Experimentelle Untersuchungen konnten zeigen, dass adipöse Kandidaten weniger häufig fi für Vorstellungsgespräche und Einstellung
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