Beweiserleichterung bei unterlassener Befunderhebung
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tig bleibt aber die vom OLG Hamm getroffene und vom BGH durch Bezugnahme auf dieses Urteil mittelbar bestätigte Aussage, dass die Anforderungen hinsichtlich medizinischer Vorgänge geringer sind, während zu den anzuwendenden Kriterien und Untersuchungsmethoden konkreterer Vortrag verlangt werden kann und sich der Kläger erst recht nicht schon mit dem Hinweis begnügen darf, ein anderes (Privat-)Gutachten sei zu einem anderen Ergebnis gekommen (OLG Hamm, VersR 2010, 222, 223). Denn daraus ließe sich selbst bei unterstellter Unrichtigkeit des Gutachtens keine grobe Fahrlässigkeit des gerichtlichen Sachverständigen ableiten. Zu beachten ist, dass der Beschluss des BGH eine andere Art einer Beweiswürdigung und Beweismaßreduktion nicht ausschließt: Dem Tatrichter ist es erlaubt, vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und gesteigerte Vorwerf barkeit und mithin grobe Fahrlässigkeit zu schließen (Wagner, in: MüKo/BGB, 8. Aufl. 2020, § 839 a, Rdnr. 21 mit Nachw.), so dass schon die Art und das Ausmaß des festgestellten Fehlers des Gutachtens und der Widerspruch zu den Anknüpfungstatsachen den Schluss auf grobe Fahrlässigkeit des gerichtlichen Sachverständigen zulassen können. In solchen Fällen sich aufdrängender Sorgfaltswidrigkeiten dürfte es grundsätzlich auch ausscheiden, mit Hinweis auf die vermeintlich fehlende Substantiierung des Vortrags den Weg zu dieser Beweisebene zu versperren.
https://doi.org/10.1007/s00350-020-5674-0
Beweiserleichterung bei unterlassener Befunderhebung BGB §§ 630 h, 823 Abs. 1
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde und zur ordnungsgemäßen Auf bewahrung der Befundträger lässt im Wege der Beweiserleichterung für den Patienten zwar auf ein reaktionspflichtiges positives Befundergebnis schließen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn ein solches Ergebnis hinreichend wahrscheinlich ist. Es geht zu weit, als Folge der Unterlassung medizinisch gebotener Befunderhebung oder Befundsicherung unabhängig von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Befundergebnisses eine Vermutung dahingehend anzunehmen, dass zugunsten des Patienten der von diesem vorgetragene Sachverhalt für den Befund als bestätigt gilt. BGH, Urt. v. 22. 10. 2019 – VI ZR 71/17 (OLG Karlsruhe in Freiburg)
Problemstellung: Die Bedeutung der arzthaftungsrechtlichen Beweisregeln für eine ausgewogene Kräfteverteilung im Prozess ist ungeachtet der Diskussion um ihre sachliche Rechtfertigung und inhaltliche Ausgestaltung im Einzelfall allgemein anerkannt (vgl. Katzenmeier, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl. 2015, Kap. XI, Rdnr. 51 m. w. N.). Nicht selten greifen die Beweisregeln ineinander, wenn etwa die Grundsätze des voll beherrschbaren Risikos die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, der dann als grober Behandlungsfehler die Beweislast für den haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zu Lasten der Behandlungsseite umkehrt. In solchen Konstellationen müssen die beweisrechtlichen Konsequenzen der Bearbeitet von RiOLG Dr. iur
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