Demenz und Schmerz: Was ist anders?

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REPORT


menz und Schmerz: Was ist anders?

Prof. Dr. Stefan Lautenbacher Physiologische Psychologie, Uni­ versität Bamberg

Seminar / Schmerzmodul --  Autoren: S. Lautenbacher, M. Kunz, M. Schuler

Bei Menschen mit Demenz, die sich nur noch ungenügend artikulieren können, ist es oft schwierig, Schmerzen zu erkennen. Wie können Sie verhindern, dass diese Patienten unnötig leiden? Wie kann die Erfassung von Schmerzen verbessert werden und was ist therapeutisch zu beachten?

Schmerztherapie in der Praxis Regelmäßiger Sonderteil der MMW-Fortschritte der Medizin, betreut von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. Verantwortlich: Prof. Dr. med. A. Straube; Prof. Dr. med. T. R. Tölle, beide München

Eine Vielzahl von klinischen Studien zeigt, dass äl­ tere Menschen mit Demenz im Vergleich zu kogni­ tiv gesunden Personen des gleichen Alters deutlich seltener Analgetika verschrieben bekommen bzw. deutlich weniger Schmerzmittel einnehmen [1]. Hauptgrund hierfür scheint die Beeinträchtigung geistiger und sprachlicher Fertigkeiten zu sein, die dazu führt, dass die Patienten oft nicht mehr in der Lage sind, Schmerzen selbst zu beobachten und über sie Auskunft zu geben. Schmerzen bleiben daher bei ihnen, im Gegensatz zu alten, kognitiv gesunden Menschen, oft unbemerkt [2].

Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz Subjektive Schmerzangaben:  Zu Beginn einer Demenz­ erkrankung (Mini-Mental-Status-Test: MMSE ≥ 18) scheinen die Betroffenen durchaus in der Lage zu sein, ihre Schmerzen auf gängigen Schmerzskalen zu bewerten [3] (Abb. 1). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass möglichst nur noch einfache Schmerzskalen verwendet werden (Kategorialskalen oder numeri­ sche Ratingskalen), da diese relativ geringe kogni­tive Anforderungen stellen. Mit zunehmendem Schwe­ regrad der Demenz wird der Schmerzbericht immer invalider, und man sollte dann das Vorhandensein von Schmerzen nur noch mit Ja/Nein-Fragen be­ stimmen. Ab einem MMSE-Wert von 10 Punkten scheinen keine validen Schmerzangaben mehr mög­ lich zu sein [4]. Beobachtung des Schmerzverhaltens:  Es besteht Kon­ sens, dass die Verhaltensbeobachtung mithilfe kur­ zer Fremdbeobachtungsskalen bei Patienten mit mit­ telschweren und schweren kognitiven Defiziten un­ erlässlich ist, um zuverlässige Informationen über das Vorhandensein und die Intensität von Schmer­

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MMW Fortschr Med. 2020; 162 (20)

zen zu erhalten [5]. Dabei müssen insbesondere drei Verhaltenskategorien Berücksichtigung finden: Mi­ mik, Lautäußerungen und Körperbewegung bzw. Körperhaltung (siehe Abb. 1). In Deutschland hat sich bislang die Skala Beurteilung von Schmerzen bei Demenz (BESD [6]) am meisten durchgesetzt. Es gibt jedoch auch vielversprechende Neuentwick­ lungen. So hat ein interdisziplinäres Team in verschiedenen europäischen Ländern untersucht, welche Beobachtungsitems von bereits etablierten Fremdbeurteilungsskalen tatsächlich valide Schmerz­­indikatoren sind [7]. Dabei zeigte sich, dass 15 Items (jeweils 5 für Mimik, Lautäußerung und Körperbewegung) beso