Der Name als Stigma
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Clankriminalität
Der Name als Stigma Kollateralschäden im „Krieg gegen die Clans“ Der aktuelle Diskurs über sogenannte Clankriminalität stellt ca. 250.000 Menschen kurdisch-libanesischer Herkunft allein aufgrund ihres Familiennamens unter Generalverdacht, obwohl nur eine kleine Minderheit von ihnen tatsächlich kriminelle Handlungen begeht. Letzteres wird zwar auch in kriminologischen Expertisen und polizeilichen Verlautbarungen routinemäßig eingeräumt, meist folgt dann aber weder eine differenzierende Milieuanalyse noch werden praktische Strategien einer tatenorientierten Kriminalitätsbekämpfung entwickelt. Stattdessen geraten die Familien mit ihren vermeintlich kriminogenen Strukturen als solche in den Fokus.
M
it der Kriminalität ist es ein wenig wie mit dem Abwasch im Haushalt – sie ist ein Problem, das man nicht „ein für alle Mal“ lösen kann, sondern mit dem man sich immer wieder aufs Neue befassen muss, Tag für Tag und ohne Ende. Der Kontrast zwischen diesem ewigen Abarbeiten von Kriminalfällen und jenem Bild von Polizeiarbeit, das gegenwärtig als eine Art „Krieg gegen die Clans“ in Szene gesetzt wird, könnte kaum krasser sein. Nicht akribische polizeiliche Ermittlungen anlässlich konkreter Straftaten bestimmen hier das Bild, sondern Hundertschaften, die ausrücken, um einen Feind aufzuschrecken, ihn zu
schädigen, zu schwächen und schließlich zu besiegen. Ins Feld gezogen wird nicht gegen einzelne Straftäter, sondern gegen straff organisierte kriminelle Kollektive, die bis an die Zähne bewaffnet sind und in der Art von Warlords schon ganze Stadtteile unterworfen und zur No-Go-Area gemacht haben. Zwar wird in den polizeilichen Verlautbarungen regelmäßig eingeräumt, dass es sich dabei nicht um kriminelle Organisationen im üblichen Sinne handelt; an deren Stelle trete aber, quasi als funktionales Äquivalent, die paternalistische Großfamilie mit ihrem überkommenen Ehrverständnis und bedingungslosen Solidarversprechen.
Kriminalitätsfördernde Faktoren Johannes Boettner Berlin, Deutschland *1951, Dr., bis 2017 Professor für Soziologie und Gemeinwesenarbeit im Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung, Hochschule Neubrandenburg. [email protected]
Helmuth Schweitzer Duisburg, Deutschland *1952, Dr., Diplom-Pädagoge. Seit 1979 Mitglied des SozialExtra-Beirats. Bis 2017 Leiter des Kommunalen Integrationszentrums der Stadt Essen, nun im (Un‑)Ruhestand: Seit März 2018 Vertretungslehrer an einer Grundschule in Duisburg-Marxloh. [email protected]
Zusammenfassung Im Unterschied zum Medienhype zur Clankriminalität hebt der Beitrag ab auf die Differenz zwischen der Ebene faktischen Kriminalitätsgeschehens und der Ebene fachlichen Legitimation der staatlichen Bearbeitungsstrategien mit ihren stigmatisierenden Effekten. Das vorrangige Interesse gilt denjenigen Mitgliedern sogenannter Clanfamilien, die allein wegen ihres Nachnamens unter Verdacht geraten.
Schlüsselwörter Clankriminalität, Stigmatisierung arabischer Großfamilien, Polizeistrategien, Migration, Diskriminierung
Diese martialische Rahmung d
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