Deutschland 2020: unheilbar gespalten?

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REPORT


Deutschland 2020: unheilbar gespalten? Anmerkungen zur Ost-West-Differenz im 30. Jahr der Wiedervereinigung Everhard Holtmann

© Der/die Autor(en) 2020

1 Unterschiedlich, ungleich, aber auch konvergent – Ost- und Westdeutschland im Spiegel ausgewählter Struktur- und Einstellungsdaten Der Befund erscheint eindeutig. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist Deutschland noch – oder schon wieder – ein gespaltenes Land. Für diese Einschätzung lassen sich zahlreiche strukturelle Indikatoren ebenso wie aktuelle Daten zu politischen Einstellungen und Verhaltensweise unschwer als Belege finden. Fest steht: Im ost-westdeutschen Vergleich hat Ungleichheit bzw. Unterschiedlichkeit sowohl eine sozial-ökonomische Prägung als auch ein politisch-kulturelles Profil. Exemplarisch seien hierfür einige wenige aktuelle Fakten in Erinnerung gebracht: Die durchschnittlichen Vermögen liegen im Westen unseres Landes bei durchschnittlich rund 200.000 C, im Osten hingegen unter 70.000 C (Grabka 2019, S. 746). Das durchschnittliche ostdeutsche Pro-Kopf-Einkommen lag 2016 bei 84,7 %; 16 Jahre zuvor waren es 81,5 % (WSI 2019). Während die Bruttomonatsverdienste in Westdeutschland 2005 diejenigen in Ostdeutschland um durchschnittlich 770 C überstiegen, vergrößerte sich die Differenz bis zum Jahr 2018 auf 844 C (Ebenda). Die Arbeitslosenquote betrug 2018 im Osten des Landes 6,9 % gegenüber 4,8 % im Westen (Jahresbericht Dt. Einheit 2019, S. 116). Die Zentralen großer Konzerne sind ganz überwiegend im Westen (464 im Jahr 2016) und selten im Osten (36, einschließlich Berlin) angesiedelt (IWH 2019, S. 37). In ostdeutschen Regionen ist der Anteil von Schulabbrechern signifikant höher (Ebenda, S. 59).

E. Holtmann () Großer Berlin 14, 06108 Halle/Saale, Deutschland E-Mail: [email protected] Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. (ZSH) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale, Deutschland

K

E. Holtmann Tab. 1 Wandel ausgewählter politischer Einstellungen in West- und Ostdeutschland 2014–2018 (Quelle: Gabriel 2019; entnommen aus Holtmann 2019, S. 157) West 2014

2018

Ost 2014

2018

Differenz 2018–2014 West Ost

Verbundenheit mit dem Wohnort

77

64

84

72

–13

–12

Lokale Integration Politisches Interesse

63 45

66 51

61 47

67 52

3 2

6 1

Subjektive politische Kompetenz

59

65

55

60

6

–5

Präferenz für repräsentative Demokratie

39

41

33

29

2

–4

Demokratiezufriedenheit

42

39

32

20

–3

–12

Vertrauen zu parteienstaatl. Institutionen Wahrnehmung von Responsivität

42

40

35

30

–2

–5

10

14

10

13

4

3

Vertrauen zu regulativen Institutionen

60

65

50

56

5

6

Bevölkerungsumfragen Deutschland 2014 und politische Partizipation Ostdeutschland 2018 Angaben: Mittelwerte; die Daten sind jeweils gesondert für West- und Ostdeutschland demographisch gewichtet

Auch im Feld der politischen Einstellungen reproduzieren sich Ost-West-Differenzen ausdauernd. Obschon im zeitlichen Längsschnitt durchaus auch Angleichungstendenzen erkennbar sind, weic