Effekte von Musik in der Intensivmedizin

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REPORT


Übersichten Med Klin Intensivmed Notfmed https://doi.org/10.1007/s00063-020-00733-9 Eingegangen: 21. April 2020 Überarbeitet: 16. Juli 2020 Angenommen: 17. August 2020 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Redaktion M. Buerke, Siegen

Einleitung Es ist seit Jahrhunderten bekannt, dass Musik den Menschen beeinflussen kann und dass durch Musik bereits in der Antike bei Olympischen Spielen eine Leistungssteigerung bei Athleten beobachtet wurde [32, 36]. Aber auch zu Heilzwecken wurde Musik sowohl bei Naturvölkern als auch in den alten Hochkulturen bis zur griechisch-römischen Antike eingesetzt [3]. Darüber hinaus ist jedem bekannt, dass Musik Emotionen wecken und verstärken kann, die wiederum von verschiedenen Faktoren, wie Alter, Lebensumständen und Stimmungen, abhängig sind [27]. Seit einigen Jahren wurde darauf hingewiesen, dass Musik auch im Bereich der Medizin Effekte hat, die zu therapeutischen Zwecken angewendet werden können [2, 42]. Es handelte sich vielfach um kleinere Studien oder Fallbeobachtungen, sodass diese Untersuchungen relativ wenig wahrgenommen wurden und die Anwendung von Musik in der Medizin bisher nur in beschränkter Weise stattgefunden hat [52, 54]. In jüngster Zeit wurden nun mehrere prospektiv-randomisierte Studien vorgestellt, die den Stellenwert der Anwendung von Musik in der Medizin neu belebt haben [18, 28]. Dabei wurden besonders Beeinflussungen von Schmerz und Stress, von Blutdruck und Herzfrequenz, aber auch von intensivmedizinischen Themen, wie Beatmung und Delir, beschrieben [23, 51]. Trotz einiger neuer Studienergebnisse wird weiterhin diskutiert, ob Musik als Therapie in der Intensivmedizin als Sinn oder Unsinn anzusehen ist [45]. Auch

Hans-Joachim Trappe Medizinische Universitätsklinik II (Schwerpunkte Kardiologie und Angiologie), Ruhr-Universität Bochum, Herne, Deutschland

Effekte von Musik in der Intensivmedizin

wenn die beschriebene Evidenz dieser Studien bisher nicht so überzeugend ist, wie zur Einführung von Therapiemaßnahmen in der Intensivmedizin erwartet und gefordert wird, sind die bisher publizierten Ergebnisse zum Einsatz von Musik in der Intensivmedizin sicherlich interessant. In der vorliegenden Arbeit sollen deshalb Beobachtungen und Erfahrungen der Anwendung von Musik in der Intensivmedizin vorgestellt und kritisch diskutiert werden.

Zerebrale Verarbeitung von Musik Musik beeinflusst zerebrale Prozesse und zahlreiche kognitive Funktionen, indem sie die Aktivitäten beider Gehirnhemisphären in die zerebralen Prozesse mit einbezieht [21]. Beide Gehirnhälften sind

Linke Hirnhemisphäre

über das „Corpus callosum“ miteinander verbunden, das bei aktiven Musikern und Menschen, die Musik lieben und gern hören, stark ausgeprägt ist. Die Wege der zerebralen Verarbeitung von „Musikhören“, „Musikspielen“ und dem „Musikgedächtnis“ sind mittlerweile gut bekannt (. Tab. 1). Musik entsteht im Gehirn, betrifft das ganze Gehirn und spricht etwa 95 % aller Menschen an; nur etwa 5 % der Menschen werden von der Musik nicht erfasst und gelten als unmusikalisch.