Europa gegen die Automobilindustrie

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REPORT


ropa gegen die Automobilindustrie

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© torstengrieger | Getty Images | iStock

Der Europäische Gerichtshof entscheidet in den kommenden Wochen über zulässige Aus­nahmen beim Einsatz von Abschalteinrichtungen für Verbrennungsmotoren. Im 2018 von einem französischen Gericht über­tragenen Verfahren steht die EG-Verordnung 715/2007 zu Typgenehmigungs­verfahren im Fokus.

Das neue Normal – in diesen drei Worten steckt derzeit viel Hoffnung. Gemeint ist die Gellschafts- und Welt­ ordnung nach der Corona-Pandemie. Doch es gibt zahl­reiche andere Heraus­ forde­rungen in der Welt, die ebenso zu einer neuen Normalität finden müssen. Auch die Automobilbranche ist seit der Entscheidung zum Einsatz einer Abschaltein­r ichtung beim VW-Motor EA189 vor mehr als einer Dekade auf der Suche nach dem neuen Normal. Das International Council On Clean Transportation (ICCT) deckte 2015 den Verstoß von Volkswagen unter anderem gegen den Clean Air Act in den USA auf, und die Environmental Protection Agency (EPA) konfrontierte den deutschen Fahrzeughersteller damit – mit weit­reichenden Folgen. Seither stehen der Dieselmotor und die durch den Betrieb entstehenden Emissionen in der gesellschaftlichen sowie politischen Kritik. Gerichte beschäftigen sich weltweit mit einer kaum zu quantifizierenden Menge an Klagen. Verhandelt werden die Ansprüche von Verbrauchern gegenüber Volkswagen und anderen Fahrzeugher­stellern ebenso wie die Einhaltung von Immissionsgesetzen in Städten. Seit 2018 kümmert sich zudem der Europäische Gerichtshof (EuGH) um die Auslegung der Regeln zur Typge­ nehmigung von Kraftfahrzeugen [1]. VORABENTSCHEIDUNG

Ein französisches Gericht – das tribunal de grande instance de Paris – hat zur sogenannten Vorabentscheidung die höchste ju­­r istische Instanz in Europa angerufen. In der Rechtssache C-693/18 setzt sich der EuGH zunächst mit der Bedeutung der Begriffe Konstruktionsteil und Emissionskontrollsystem auseinander, um das Vorliegen einer Abschalt­ einrichtung zu bewerten. Dies führt zur Auslegung der Ausnahmen für Abschalteinrichtungen nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Wenngleich die Diskussionen um das VW-Aggregat EA189 zu einer anderen öffentlichen Meinung geführt haben, ist nicht jede Abschalteinrichtung unzulässig. „Gehört eine Verzögerung des Verschleißes oder der Verschmutzung des Motors zu den Erfordernissen, ‚um den Motor vor Be­­schädigung oder Unfall zu schützen‘ oder ‚den sicheren Betrieb des ATZ elektronik 12|2020   15. Jahrgang

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© Volkswagen

IM FOKUS  

VW-Dieselmotor EA189 mit Abschalteinrichtung, die den Dieselskandal auslöste

Fahrzeugs zu gewährleisten‘, die das Vor­ handensein einer Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a rechtfertigen können?“, greift die britische Generalanwältin des EuGH, Eleanor Sharpston, in ihrem Schlussplädoyer

vom 30. April 2020 die zentrale Vorlagefrage des Verfahrens auf [2]. Beantwortet der EuGH diese generelle Frage mit Nein, so wäre der Einzelfall zwar immer noch von nationalen Gerichten zu entscheiden. Aber es liegt nahe,

1. Au