Labordiagnostik in der Intensivmedizin
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rak Petros1,2 · Lorenz Weidhase1 1 2
Interdisziplinäre Internistische Intensivmedizin, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland Medizinische Klinik 1, Bereich Hämostaseologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
Labordiagnostik in der Intensivmedizin Hintergrund In der Intensiv- und Notfallmedizin werden täglich zahlreiche Laborparameter angeordnet. Die Intention dieser Laborbestimmungen ist die Erfassung des Zustands des kritisch kranken Patienten sowie die Einleitung von Therapiemaßnahmen und deren Überwachung. Dabei spielt aber auch die Sorge, etwas Wichtiges am Zustand des Patienten zu übersehen, eine wesentliche Rolle. Oft entsteht der Eindruck, dass Laborwerte eine Kompensation für eine unzureichende Anamneseerhebung und klinische Untersuchung geworden sind. Zahlreiche Laboranordnungen haben keine Konsequenz in der Patientenbehandlung. Die Gründe für solche Anordnungen sind oft Unwissenheit und Unsicherheit [1]. Kritisch kranke Patienten weisen zahlreiche normabweichende Laborbefunde auf, wobei deren klinische Relevanz fragwürdig oder nicht immer eindeutig ist. Die Definition eines pathologischen Laborwerts basiert auf Normalbereichen, die aus Untersuchungen gesunder Personen erstellt worden sind. Jedoch berücksichtigt diese Definition die physiologischen Anpassungen auf einen Stress nicht; manche Laborabweichungen können lediglich Epiphänomene sein [2]. Die Grenze zwischen einer physiologischen Anpassungsreaktion und einer korrekturbedürftigen pathologischen Veränderung ist oft unscharf [3]. Die Unterscheidung zwischen den LaborpaDieser Beitrag wurde in der Zeitschrift Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin 7 · (2020) 115:539–544. https://doi.org/ 10.1007/s00063-020-00730-y erstpubliziert. Zweitpublikation mit freundlicher Genehmigung der Autoren.
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Wiener klinisches Magazin 6 · 2020
rametern mit relevanter diagnostischer und therapeutischer Konsequenz und denen ohne einen konkreten Zweck ist ebenfalls oft verschwommen. Dies kann individuell unterschiedlich sein, wobei die Akutsituation, chronische Erkrankungen, Begleitmedikamente und genetische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Die Bemühungen um „Normalisierung“ abweichender Parameter können im günstigen Fall zwecklos sein und im schlimmsten Fall manchmal gefährlich werden. Eine übermäßige Laboranordnung kommt in der Akutmedizin oft vor. Nach einer Metaanalyse beträgt dies im Durchschnitt 43,9 % bei der initialen Vorstellung eines Patienten [4]. In einer weiteren Studie waren Fachärzte der Auffassung, dass nur 48,7 % der angeordneten Laborwerte essenziell waren [5]. Die Laboranordnungen bedeuten, dass mehrfache Blutentnahmen erforderlich sind, die beim kritisch Kranken zu einer iatrogenen Anämie führen [6–9] und erhebliche Kosten verursachen [4, 5, 10]. Eine übermäßige Labordiagnostik birgt schließlich auch das Risiko, von dem wesentlichen Problem abzulenken und folglich essenzielle Therapiemaßnahmen zu verzögern. Der sorgfältige Umgang mit der Anordnung und Interpretation von Laborparametern sollte daher ein
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