Mitochondriale Erkrankungen
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rvath1, 2 · A. Abicht1 1 MGZ – Medizinisch Genetisches Zentrum, München 2 Institute of Genetic Medicine, Newcastle University, Newcastle upon Tyne
Mitochondriale Erkrankungen Rationales diagnostisches Vorgehen in der klinischen Genetik und besondere Aspekte der genetischen Beratung
Grundlagen Man muss bei der genetischen Diagnostik mitochondrialer Erkankungen grundsätzlich unterscheiden zwischen der Untersuchung des mitochondrialen (mtDNA) und des nukleären Genoms.
Mitochondriales Genom Mit einer Größe von 16.569 bp ist das mitochondriale Genom relativ überschaubar und einer Komplettsequenzierung bereits heute grundsätzlich zugänglich. Für Auswertung und Interpretation der Sequenzdaten sind jedoch Besonderheiten zu beachten: So dürfen auch Mutationen mit einem niedrigen Heteroplasmiegrad nicht übersehen werden, selbst wenn auch bei Veränderungen mit klinischer Relevanz der Heteroplasmiegrad an der Grenze oder im ungünstigen Fall unter der Nachweisbarkeit in der Sanger-Sequenzierung liegen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Diagnostik aus EDTABlut erfolgt. Die Aussagekraft hier ist in hohem Maß abhängig von der klinischen Fragestellung, da der Heteroplasmiegrad im Blut abhängig von Art und Ausmaß der Symptomatik sehr variabel sein kann. Die zahlreichen beschriebenen Veränderungen der mtDNA sind in einer aktuellen Online-Datenbank („Mitomap“, [11]) abrufbar. Dennoch finden sich im mitochondrialen Genom, das reich an genetischen Varianten ist, relativ häufig unkla-
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Medizinische Genetik 3 · 2012
re Sequenzvarianten, deren Interpretation schwierig ist und letztendlich nur im klinischen und genetischen Kontext unter Einbeziehung maternaler Verwandter im Rahmen einer Segregationsanalyse möglich ist. Neben Punktmutationen sind Deletionen der mtDNA zu beachten: Diese können über Long-range-Polymerasekettenreaktion („polymerase chain reaction“, PCR) und/oder Southern Blot detektiert werden. Man unterscheidet singuläre und multiple mtDNA-Mutationen. F Singuläre mtDNA-Deletionen, die als primäre Veränderung der mtDNA meist in der frühen Embryonalentwicklung sporadisch entstehen, sind teilweise nur in dem betroffenen Gewebe – meist Muskel – in der Regel heteroplasmisch nachweisbar. Sie sind eine häufige Ursache des Kearns-Sayre-Syndroms und der chronisch progressiven externen Ophthalmoplegie (CPEO) im Erwachsenenalter. In der schwersten klinischen Ausprägung führen sie zum Phänotyp des Pearson-Syndroms, bei dem ein Nachweis auch aus EDTA-Blut gelingt. F Multipe mtDNA-Deletionen stellen ein sekundäres Phänomen dar und werden in der Regel nur an aus Muskelgewebe extrahierter DNA nachgewiesen. Die primäre genetische Ursache hierfür können autosomal-rezessive oder -dominante Mutationen der Gene POLG, PEO1 (twinkle) RRM2B
und TK2 sein, seltener findet man autosomal-dominante Mutationen der Gene ANT1 oder POLG2. Eine mtDNA-Depletion ist ebenfalls eine sekundäre Veränderung der mtDNA. Verursacht durch autosomal-rezessive Mutationen in unterschiedlichen nukleären Genen findet sich gewebsspezifisch eine
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